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Zwischen Design, Kunst und Technologie

Julian Adenauer ist ein Grenzgänger zwischen Technologie, Design und Kunst. Neben der Leitung des Retune Festivals arbeitet er als freier Entwickler robotischer und interaktiver Installationen für internationale Künstlerinnen und Künstler, Agenturen und Firmen. Seine Arbeiten sind weltweit ausgestellt und prämiert. Wir trafen Julian kurz vor der Retune zum Gespräch.

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Anfang Oktober fand die vierte Retune statt. Über 200 Teilnehmer kamen anlässlich des Festivals nach Berlin, um über ihre Arbeit zu referieren und mit anderen Kreativen und Künstlern ins Gespräch zu kommen. In vielen Eventangeboten wurde über Chancen, Möglichkeiten und Perspektiven der Kunst zwischen Technologie und Design diskutiert, Ideen ausgetauscht und gemeinsam ausprobiert.

 

Welche Schwerpunkte findest Du an Deiner Arbeit an der Schnittstelle zwischen Technologie, Kunst und Design besonders spannend?

Julian Adenauer: Beim Retune Festival haben wir dieses Jahr vier Themen gesetzt, die zwischen Kunst und Technologie angesiedelt sind: Das ist Virtual Reality und 360 Grad Betrachtungen und die Frage, wie sich das Geschichtenerzählen durch die neuen Perspektiven verändert. Dann Körpererweiterungen, also Prothesen und Implantate, und Künstliche Intelligenz.

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Künstler setzen sich mit den neuen Technologien kritisch auseinander.

Julian Adenauer

Bei diesen Themen finde ich spannend, dass sich Künstler auch kritisch mit den neuen Technologien auseinandersetzen. Z. B. mal mit Experten diskutieren, ob die Singularity kommen wird oder nicht. Oder wie sich der Begriff des Nachteils durch den Einsatz moderner Prothesen – z. B. bei den Paralympics –  verändert.

Das vierte Thema ist Creative Production. Da geht es darum, wie und ob für Kreative auch die Produktherstellung ein Weg sein kann. Die heutigen Technologien – Crowdfunding, digitale Produktionsprozesse, Vertrieb über Internet – bieten im Grunde für Künstler und Kreative die besten Voraussetzungen, Produkte zu produzieren und zu verkaufen.

Welche Berufsbezeichnung würdest Du Dir selbst geben und was ist Dir wichtig an Deiner Arbeit?

Zurzeit bin ich Festival-Direktor und je nach Projekt bin ich manchmal auch Technischer Leiter. Also in jedem Fall etwas mit Direktor. (lacht) Das stimmt aber nur bedingt, weil ich natürlich auch alles andere mache.

Ich hoffe, man erkennt bei meinen Sachen auch meine Handschrift. Ich mache ja nichts, ohne meine Einstellung mitzunehmen. Auch wenn ich Kundenprojekte mache, ist es nicht so, dass ich mich da verbiegen würde. Dann würde ich sie nicht machen.

Bei Veranstaltungen ist es mir wichtig, dass sie persönlich und authentisch sind. Generell finde ich eher die Projekte spannend, die experimentell sind. Natürlich wäre es auch mal interessant, ein Massenprodukt zu entwickeln. Auch dabei sollte man allerdings Haltung bewahren.

Woran arbeitest Du gerade?

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Im Auftrag des Fraunhofer Instituts organisieren wir einen Austausch zwischen 10 Unternehmern aus Ostdeutschland und 10 Kreativunternehmern und Künstlern. Das Creative Production Lab. Dabei matchen wir Unternehmen mit Kreativen, aber auch unterschiedliche Unternehmer wie z. B. einen Fensterbauer und einen Solartechniker miteinander.

Es geht darum, sich gegenseitig kennenzulernen, Prototypen-Prozesse der Kreativen in andere Branchen einzubringen, unterschiedliche Arbeitsweisen anzusehen und gemeinsam entwickelte Ideen im Creative Lab direkt umzusetzen.

Wer sind denn die Unternehmer der KKW?

Mich interessieren vor allem die kleinen Unternehmen, die noch wenig Aufmerksamkeit haben. Ich glaube, dass dort am meisten passiert und die neuen Sachen entstehen. Es sind eigentlich die kleinen Kreativ-Unternehmen, die die Zukunft neu erfinden.

Und worin unterscheidet sich die KKW Deiner Meinung nach von anderen Branchen?

Mir fallen drei Unterscheidungen zu anderen Branchen ein, mit denen die Kultur- und Kreativwirtschaft ganz gerne in einem Zug genannt wird. Z. B. mit den Makern. Die sind aber viel basteliger als wir. Obwohl wir die gleichen Technologien nutzen und uns total über die Entwicklungen freuen.

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Start-Ups sind meist geldfixierter, während die Kreativen eher inhaltsgetrieben sind. Und z. B. den Nutzen für die Gesellschaft suchen und fragen, was die Technologie für die Gesellschaft bringt und das nach vorne treiben wollen.

Und dann noch die Transmediale, die aber sehr medienakademisch ist im Vergleich zur Kultur- und Kreativwirtschaft.

Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist „hands-on“ aber trotzdem ernsthaft, kritisch hinterfragend und gestaltend. Der Gestaltungsbegriff ist super wichtig für uns. Sachen selber ausprobieren und in die Hand nehmen, um zu verstehen, wie sie funktionieren.

Auch gesellschaftlich ist in diesem Sinne wichtig zu vermitteln, dass man nicht nur Konsument ist. Man hat auch die Möglichkeit, selbst etwas in die Hand zu nehmen und auszuprobieren.

Welche Erfindung brauchen wir?

Ich finde den Bereich persönliche Mobilität sehr interessant und wichtig. Ich denke manchmal über Modelle des individuellen Fliegens nach. Das müsste natürlich mit einem autonomen System gelöst werden.

Und zum Schluss: Mit wem würdest Du gerne mal zusammenarbeiten?

Vielleicht mit Elon Musk. Obwohl ich glaube, dass er in der Zusammenarbeit ein ganz schöner Arsch wäre. Aber die Art wie er seine Projekte entwickelt, finde ich inspirierend.

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Credits

Text: Interview: Eva Kiltz, Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Fotos: William Veder

Anstehende Veranstaltungen

  1. Schulterblick des Creative Labs #7 Kreislaufwirtschaft mit der Kreislaufwirtschaftsexpertin Eveline Lemke

    5. April, 16:00 - 21:00

Credits

Text: Interview: Eva Kiltz, Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Fotos: William Veder

Wie trägt Kultur- und Kreativwirtschaft zu mehr Kreislaufwirtschaft bei?

Prinzipien aus der Natur abzuschauen hat schon viele Erfindungen hervorgebracht. Insbesondere Kreislaufsysteme der Natur sind Vorbilder für ein nachhaltigeres Leben. Die Umgestaltung unserer Wirtschaft zu einem kreislaufwirtschaftlichen System stellt jedoch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, die nur branchenübergreifend und ganzheitlich gelöst werden kann. Im Unterschied zum deutschen Begriff „Kreislaufwirtschaft“, der sich auf den Umgang mit Abfall fokussiert, ist der englische Begriff „Circular Economy“ (also „zirkuläres Wirtschaften“) bereits viel weiter gefasst und betrachtet das gesamte Produktsystem. Hier geht es um durchdachte Kreisläufe von Anfang an, die bereits beim Design von Produkten beginnt.

Innovative Ideen und praktische Ansätze für zirkuläres Wirtschaften finden sich schon seit Jahren in der Kultur- und Kreativwirtschaft, zum Beispiel in der Architektur, im Produkt- und Materialdesign, der Film- und Veranstaltungsindustrie sowie dem Modemarkt. Viele Beispiele werden Sie in diesem Magazinschwerpunkt kennenlernen können

In unserer Kurzreportage zur Kreislaufwirtschaft haben wir diesmal mit Architekt*innen Sandra Düsterhus (Point.Architektur) und Martin Haas (haascookzemmrich) über die Ansätze bei ihren Projekten in der Außen- und Innenarchitektur gesprochen und was der Fokus auf Kreislaufwirtschaft auch für die Gestaltung bedeutet.