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Mehr Abenteuer beim Lernen

Was kann Kultur- und Kreativwirtschaft? Welche Schnittstellen gibt es zu anderen Wirtschaftszweigen? Wie und wo machen die Akteure auf sich aufmerksam? Damit wollen wir uns in den kommenden Monaten beschäftigen. Im dritten Best-Practice-Beispiel geht es um die Zusammenarbeit mit einer traditionellen Branche - am Beispiel von LudInc.

Jeanette und Professor S.

Professor S. und seine Assistentin Jeanette.

Was hat das Schreiben von Fabeln mit dem Leben zu tun? Wie sinnvoll ist Schreibschrift? Warum müssen Schüler immer noch Gedichte aufsagen? Und weshalb müssen sie die meiste Zeit des Tages dicht gedrängt im Klassenzimmer verbringen? Wie kann und sollte Lernen heute aussehen? Kaum etwas wird so kontrovers diskutiert wie das Thema Bildung.

Dabei könnte das Lernen doch auch schon ganz anders aussehen. Spielerischer. Abenteuerlicher. Aufregender. Denn Lernen ist meistens langweilig. Spielen macht dagegen Spaß. Warum also nicht beides verbinden? Das ist auch der Ansatz des Games-Unternehmens LudInc, das 2015 als Kultur- und Kreativpiloten Deutschland ausgezeichnet wurde. Lernen soll in ein Abenteuer verwandelt werden. „Mit Geschichten. Digital und ganz real“, sagt der LudInc-Gründer Jan von Meppen.

Jeanette und Professor S.

Professor S. und seine Assistentin Jeanette.

Mit „Professor S.“ hat das Unternehmen ein Spiel entwickelt, das nicht nur den Computerspielpreis 2016 als „Bestes Serious Game“ gewonnen hat, sondern inzwischen auch in mehr als 70 Grundschulen in ganz Deutschland gespielt wird. Sogar auf der ostfriesischen Insel Norderney. Und es sollen demnächst noch viel mehr werden. LudInc hat kürzlich eine Vertriebsvereinbarung mit Westermann, einer der großen deutschen Anbieter von Bildungsmedien, unterschrieben. Über deren Verlagsprogramm und Außendienstmitarbeiter wird Professor S. – ein Lernspiel, in dem alle Fächer von Mathematik bis Musik einbezogen werden – jetzt an weiteren Grundschulen angepriesen. Für Jan von Meppen ein entscheidender Schritt, um sein Spiel weiter im föderalen deutschen Bildungssystem zu platzieren. Zwei Jahre hat es bis zum Vertragsabschluss gedauert. Zuvor hat von Meppen Professor S. auf Messen und Schulleiterkonferenzen vorgestellt und war auf die Mund-zu-Mund-Propaganda der Lehrer angewiesen.

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Teacher Testimonials from LudInc on Vimeo.

Auch mit langen Anschaffungszyklen und einer veralteten Computerausstattung an vielen Schulen wurde das Team konfrontiert.  „Als Start-up ist es natürlich schwer, in solchen Zeitdimensionen zu denken“, erklärt Jan von Meppen. Hinzu kommt, dass die Schulen oftmals kein Budget haben, um die Software zu kaufen, mit denen die Klassen gemeinsam das Lernabenteuer erleben können.

Team Ludinc

Jan von Meppen und Team.

Hinter Professor S. steht ein Team aus Filmproduzenten, Lehrern, Entwicklern, Designern, Autoren und Transmedia-Experten. Und Kindern. Denn entwickelt wurde das Spiel mit der Unterstützung von Berliner Grundschulen.

Schüler von der dritten bis zur sechsten Klasse werden auf eine Zeitreise geschickt – eine interaktive Multimedia-Inszenierung mit Professor S. und seiner Assistentin Jeanette. Die Kinder werden dabei selbst Teil der Geschichte. Sie bestimmen den Verlauf der Handlung, müssen gemeinsam mit den Figuren knifflige Rätsel lösen. In der Geschichten-Welt, aber vor allem in der eigenen, echten Welt. Deshalb nennt LudInc seine Games Echtweltspiele. Die meisten Aufgaben müssen die Schüler jedoch nicht am Computer bearbeiten. Darüber erhalten die Kinder vor allem die Videobotschaften von Professor S. und Jeanette, die sie per Laptop dann wieder beantworten. „Wir möchten durch die Kommunikation den Kindern einen sinnvollen Umgang mit diesen Medien beibringen“, so Jan von Meppen.

Doch nicht nur das. „In erster Linie geht es um Motivation“, erklärt der Gründer. „Die Schüler bauen eine emotionale Verbindung zu Jeanette und Professor S. auf und lösen die Aufgaben, um diesen neuen Freunden zu helfen, aus der Vergangenheit zurückzukehren.“

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Professor S.: Your time travel adventure begins here! from LudInc on Vimeo.

Team Ludinc

Jan von Meppen und Team.

Für Jan von Meppen könnte die Einbindung seines Lernabenteuers ein Schritt in Richtung einer neuen Schule sein. Das Lernen sei noch immer auf eine Welt ausgerichtet, die es nicht mehr gibt, sagt er. „Ich wünsche mir mehr kreatives Lernen, ein Bildungssystem, das Kindern beibringt, wie sie selbst ihre Berufsbilder entwickeln.“ Auch dass das Scheitern nicht vorgesehen ist, stört Jan von Meppen. Die spannendsten Erfindungen seien in vielen Fällen aus Fehlern entstanden. „Wenige Entdeckungen und Innovationen kommen aus starren Strukturen heraus.“

Klasse spielt Professor S.

Auf ins Abenteuer.

Unabhängig vom Schulunterricht soll sich Professor S. weiterentwickeln. Das Team arbeitet gerade an einer Heimversion mit neuen Zeitreisezielen, auf Deutsch und Englisch. Außerdem ist LudInc gemeinsam mit dem Filmproduzenten Gian-Piero Ringel dabei, eine Medienbibliothek für Kinder umzusetzen, über die auch Spiele und E-Books angeboten werden. Und den Computerspielpreis hat LudInc in eine App investiert, die vom Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert und Ende September veröffentlicht werden soll: „Astha“ –  eine Geschichte um ein kleines Tintenfisch-Mädchen. Dabei geht es natürlich auch ums Lernen, aber keinen Schulstoff, sondern Yoga – erklärt von dem elastischen Oktopus Ashta und dem eher ungelenkigen Stier Pablo.

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will in der digitalen Bildung einen großen Sprung nach vorn machen. Das Ministerium hat dazu einen DigitalPakt#D mit den Ländern vorgeschlagen. Über einen Zeitraum von fünf Jahren sollen mit rund fünf Milliarden Euro die rund 40.000 Grundschulen, weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen in Deutschland mit digitaler Ausstattung wie Breitbandanbindung, W-LAN und Geräten versorgt werden. Derzeit fördert das BMBF eine Konzeptstudie für eine sogenannte „Schul-Cloud“. Das Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam (HPI) wird in einem Pilotprojekt 26 von insgesamt 300 Schulen des EC-MINT-Netzwerks mit Cloud-Computing ausstatten.

Klasse spielt Professor S.

Auf ins Abenteuer.

Weitere Informationen:

InfoKreativ – Software-/Games-Industrie
Praxistipps für Kreative & Kulturschaffende

Alles, nur kein Unternehmer?
Tipps für Gründerinnen, Gründer und Selbständige in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Google erobert die Schulen
FAZ, 17. April 2017

50 Bildungsinnovationen, die inspirieren
Good Impact, 16. Februar 2017

Wenn‘s um Bildung geht, wollen alle immer mehr
Süddeutsche Zeitung, 23. April 2017

Sprung nach vorn in der digitalen Bildung
Pressemitteilung Bundesministerium für Bildung und Forschung, 12. Oktober 2016

Ansprechpartner zum Thema „Innovation und Impuls“:
Transfermanager Johannes Tomm
tomm@kreativ-bund.de
T 030 – 2088891-18

Credits

Text: Bianca Loschinsky, Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Fotos: LudInc GmbH

Anstehende Veranstaltungen

Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.

Credits

Text: Bianca Loschinsky, Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Fotos: LudInc GmbH

Wie trägt Kultur- und Kreativwirtschaft zu mehr Kreislaufwirtschaft bei?

Prinzipien aus der Natur abzuschauen hat schon viele Erfindungen hervorgebracht. Insbesondere Kreislaufsysteme der Natur sind Vorbilder für ein nachhaltigeres Leben. Die Umgestaltung unserer Wirtschaft zu einem kreislaufwirtschaftlichen System stellt jedoch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, die nur branchenübergreifend und ganzheitlich gelöst werden kann. Im Unterschied zum deutschen Begriff „Kreislaufwirtschaft“, der sich auf den Umgang mit Abfall fokussiert, ist der englische Begriff „Circular Economy“ (also „zirkuläres Wirtschaften“) bereits viel weiter gefasst und betrachtet das gesamte Produktsystem. Hier geht es um durchdachte Kreisläufe von Anfang an, die bereits beim Design von Produkten beginnt.

Innovative Ideen und praktische Ansätze für zirkuläres Wirtschaften finden sich schon seit Jahren in der Kultur- und Kreativwirtschaft, zum Beispiel in der Architektur, im Produkt- und Materialdesign, der Film- und Veranstaltungsindustrie sowie dem Modemarkt. Viele Beispiele werden Sie in diesem Magazinschwerpunkt kennenlernen können

In unserer Kurzreportage zur Kreislaufwirtschaft haben wir diesmal mit Architekt*innen Sandra Düsterhus (Point.Architektur) und Martin Haas (haascookzemmrich) über die Ansätze bei ihren Projekten in der Außen- und Innenarchitektur gesprochen und was der Fokus auf Kreislaufwirtschaft auch für die Gestaltung bedeutet.