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Trendradar

 

Generell beschreiben Trends Veränderungsprozesse in Gesellschaft und Wirtschaft. Sie lassen sich hinsichtlich ihres zeitlichen Verlaufs und ihres Durchdringungsgrads unterscheiden. In der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) sind Trends eng mit langfristigen Wandlungsprozessen und Megatrends wie Digitalisierung, Klimawandel und demographischem Wandel verbunden.

Im Trendradar des Kompetenzzentrums, werden mithilfe einer Big-Data gestützten Analyse, spezifische Mikrotrends in den Zukunftsfeldern „Innovationen & Geschäftsmodelle“, „Arbeit & Bildung“ sowie „Nachhaltigkeit & Resilienz“ aufgezeigt. Zur Identifikation und Beobachtung von Trends, gehören neben der klassischen Desk Recherche auch Big-Data-Tools, wie beispielsweise ein Web-Crawler. Als Datengrundlage dienen hier Online-Präsenzen und Social-Media-Kanäle zentraler Akteur*innen der Branche.

 

Die Methode

 

Das Trendmonitoring erfolgt in sechs integrierten Schritten: Um einen ersten Eindruck über relevante Themengebiete zu erhalten, wird in den ersten beiden Schritten das schnelllebige soziale Medium Twitter gecrawlt – durchsucht – und ausgewertet. Für vielversprechende Themen wird in Schritt drei eine Ontologie, d.h. eine Kombination von Suchbegriffen,  erstellt, auf deren Grundlage in Schritt vier das Web durchsucht wird. Dadurch gewinnen die Trendthemen mehr Kontext und Tiefe. In Schritt fünf werden die Daten systematisiert und Trends abgeleitet. Abschließend werden in Schritt sechs die Trends validiert und bei Bedarf weiterqualifiziert.

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Die Liste der Trends wird laufend erweitert. Viele Spaß beim Stöbern.

Unsere Trends

 

Prompting

Worum geht es?

Prompt oder Prompting ist momentan in aller Munde und hängt eng mit dem Künstliche Intelligenz (KI)-Hype zusammen. Prompting wird gar als potenzielle Zukunftskompetenz gehandelt, die durch den breiten Einsatz von KI immer wichtiger wird. Konkret bezeichnet ein Prompt eine Anweisung an eine KI oder ein Large Language Model (LLM), um bestimmte Ergebnisse in Form von Text, Bild oder Code zu erhalten. Befehle können als Fragen, Text oder Code-Ausschnitte formuliert werden. KI-Prompts finden vor allem bei der computergestützten Textgenerierung, der Sprachübersetzung oder bei der Kreation Anwendung. Grundsätzlich gilt: Je präziser und detaillierter ein Befehl ist, desto besser das Ergebnis. Sogenannte Super oder Mega-Prompts sind sehr ausführliche Befehle aus mehreren hundert Wörtern.

Die Kunst des Prompting liegt darin, möglichst das Maximum aus dem Datensatz herauszuholen, in dem die KI forciert wird, tief in diesen einzutauchen. Gleichzeitig sollte der Prompt immer auf das jeweilige Ziel zugeschnitten werden. Mehrdeutige Anweisungen führen zu falschen oder irrelevanten Ergebnissen. Ein guter Prompt ist klar, spezifisch, relevant, kontextbezogen, sachlich korrekt und unvoreingenommen. Prompt-Ingenieur*innen (auch Prompt Designer*innen) arbeiten iterativ, also durch das Vor- und Zurück von einzelnen Schritten, die wiederholt und entsprechend angepasst und verfeinert werden. Das Ergebnis? Qualitativ hochwertige Outputs.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

„Wie beeinflusst nachhaltiges Bauen die moderne Architektur?“ oder „Diskutiere die Rolle von E-Books im Zeitalter der Digitalisierung des Buchmarktes.“ Diese KKW-spezifischen Beispiel-Prompts wurden mit ChatGPT generiert. Durch professionelles und zielgerichtetes Prompting bieten sich auch Kreativschaffenden der KKW Chancen, indem sie Prompts als Startpunkt bei der Ideenfindung einsetzen und als Werkzeuge zur Exploration nutzen.

Generative KI-Modelle und Prompting werden die Welt der Content-Kreation umkrempeln, mit erheblichen Auswirkungen auf Marketing, Software, Design, Unterhaltung und Kommunikation. Ob Blogbeiträge, Programmcode, Gedichte oder digitale Bilder: Prompting ist die Schlüsselsprache für automatisch erstellte kreative Produkte. Software-/Games-Entwickler*innen können Code einfacher generieren. Zudem bieten Programme wie Microsoft CoPilot die Option mit einer KI zu ko-programmieren. Auch bei der redaktionellen Arbeit ergeben sich für die Themenfindung, Texterstellung oder Suchmaschinenoptimierung (kurz SEO) durch geschickte Prompts nützliche Anwendungsszenarien. Prompting für KI-Bildgeneratoren wie DALL-E oder Midjourney wird vor allem für die Tätigkeit und die Geschäftsmodelle von Fotograf*innen und Grafikdesigner*innen zunehmend wichtiger.

Zukunft des Trends

Mit der Entwicklung von KI-Tools wird die Bedeutung von Prompting wahrscheinlich auch in der KKW weiter zunehmen. So viel ist klar: sich mit dem Phänomen und dessen Potenzialen gar nicht auseinanderzusetzen, kann sich künftig wohl niemand mehr leisten. Gleichzeitig ist aktuell noch offen, inwiefern sich die Fähigkeit auch mittel- bis langfristig als Schlüsselkompetenz erweisen und Prompt-Ingenieur*in sich als Beruf etablieren wird. Menschen werden bei der Anleitung und Supervision, der Verfeinerung von Outputs und bei der Technologieentwicklung weiter eine wichtige Rolle einnehmen. Es sind vor allem Personen mit einem Faible für Sprache und Technologie, die für die Tätigkeit als Prompt Ingenieur*in besonders geeignet sind.

Hinzu kommen die momentan vielerorts diskutierten urheberrechtlichen und ethischen Fragen. So gewann in den USA ein Künstler einen Wettbewerb in der Kategorie „digitally manipulated photography“ mit seinem Werk, welches mit Hilfe der KI-Bild-Software Midjourney unter Anwendung verschiedener Prompts erstellt wurde. Das Bild wurde anschließend auf eine Leinwand gedruckt und der Jury vorgestellt. Wegen der fehlenden künstlerisch-individuellen Schöpfung und Intransparenz, was die verwendeten Ausgangsdaten betrifft, wäre dieses Bild in Deutschland wohl nicht als Kunstwerk durchgegangen. Die Debatte darüber, inwiefern Prompting eine kreative Leistung ist, wird weitergehen.

 

Der Trend in der Praxis

 

Professionelles Prompting (promptwhispering.ai)

Fotokünstler und KI-Experte Boris Eldagsen gewann mit seinem KI-generierten Bild PSEUDOMNESIA | The Electrician dieses Jahr den Sony World Photography Award (Open Category / Creative). Die Aktion diente als Test für die Frage zum Verhältnis zwischen Fotokunst und Bildern aus KI-Bildgeneratoren. Eldagsen arbeitet im Bereich Wissensvermittlung zum Thema professionelles Prompting für Kreativschaffende.

PromptBase | Prompt Marketplace: Midjourney, ChatGPT, DALL·E, Stable Diffusion & more.

Auf Online-Märkten wie PromptBase oder Prompthero können Prompts aus unterschiedlichen Bereichen wie Kunst & Illustration, Grafik & Design oder Produktivität & Schreiben gekauft und verkauft werden. Durch hochwertige Eingabeaufforderungen sollen bessere Ergebnisse erzielt werden.

60 Best Prompt management tool AI tools (topai.tools)

Die Plattform gibt einen Überblick über zahlreiche Prompt management tools. Mit ChatGPT Prompt Plus lassen sich z. B. Prompts speichern und wiederverwenden. PromptHub ist eine Software, mit der Prompts getestet werden können und die die Prompterstellung mit Variablen und anderen Funktionen erleichtert.

Bioprinting

Worum geht es?

Digitalisierung trifft auf Kunsthandwerk. Was auf den ersten Blick überrascht, entwickelt sich schrittweise zu einer vielversprechenden Synergie: Digitale Werkzeuge sind in Designprozessen bereits fester Bestandteil und Kreativschaffende experimentieren zunehmend mit digitalen Produktionsweisen wie dem 3D-Druck. Dabei entdecken sie immer mehr Möglichkeiten, um ihre Ideen innovativ umzusetzen und neue, verbesserte Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln.

Traditionell stellen 3D-Drucker Produkte aus Materialien wie Keramik, Metall oder Kunststoff her. Eine spezielle Form des 3D-Drucks ist Bioprinting: eine Technologie, bei der lebende Zellen zusammen mit biologischem oder synthetischem Material schichtweise in 3D gedruckt werden, um organische, gewebeähnliche Strukturen und Materialien zu schaffen – spannend war das bisher besonders für die Medizin- und Pharmabranche. Doch auch in der KKW öffnet diese Technologie neue Türen: So werden zum Beispiel Bakterien-basierte Cellulosefasern zur Herstellung von Textilien mittels Bioprinting entwickelt. Die Vorteile: mehr Flexibilität, Stärke und Formfestigkeit. Mit bio-basiertem Rohmaterial wird in Kombination mit 3D-Druckern auch bei der Gebäudekonstruktion experimentiert.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Insbesondere für das Kunsthandwerk eröffnen sich neue Optionen für die Gestaltung mit organischen Materialien. Für die bildende Kunst und in der Textilentwicklung bedeutet das konkret: Bioprinting kann als kreative und explorative Methode zur Schaffung neuer Produkte und zur Neuinterpretation von Bestehendem genutzt werden und so neue Spielräume für Kreativität eröffnen. Besondere Anknüpfungspunkte gibt es auch für die Architektur, die durch bio-basierte Bauteile nachhaltige Gebäude entwerfen kann. Das Potenzial für zukunftsfähige Lösungen, die die bestehenden ressourcenintensiven Verfahren ersetzen, ist dabei enorm.

Die Stärke der KKW liegt darin, Technologien wie Bioprinting experimentell zu nutzen und dadurch neue Anwendungsbereiche zu erschließen. Ein weiterer Vorteil aus unternehmerischer Sicht: Die eigenständige Herstellung des Materials erlaubt es Kreativschaffenden, unabhängiger zu arbeiten.

Zukunft des Trends

Bioprinting ist ein Paradebeispiel für den Trend hin zu einer Verschmelzung von digitaler und analoger Welt. Gleichzeitig ist es (noch) kostspielig und wird vor allem in der Biomedizin verwendet. Innovative, günstigere Alternativen gibt es jedoch bereits: So hat ein Forscherteam der Cardiff University einen Bioprinter aus Lego entwickelt. Dies zu einem Bruchteil der Kosten für ein herkömmliches Gerät und nach einem open-source-Modell, das es mehr Nutzer*innen ermöglichen soll, auf die Technologie zuzugreifen. Solche Ansätze tragen dazu bei, dass Bioprinting in die Breite getragen und künftig auch stärker von der KKW genutzt werden kann.

Hinzu kommt das notwendige technische Know-How für die Umsetzung. Stichwort: Cross-Innovation. Hier wird der Wissensaustausch zwischen der KKW und anderen Branchen wie der Biomedizin zunehmend wichtiger. Zudem bieten einige Kunsthochschulen, z. B. die Burg Giebichenstein in Halle, ihren Studierenden sowohl 3D-Drucker als auch Workshops dazu an.

 

 

Der Trend in der Praxis

How to bioprint bacterial cellulose – Fab Lab Barcelona | Research, education, innovation centre (fablabbcn.org)

Das Forschungsprojekt der Fabricademy in Barcelona untersucht, wie mittels Bioprinting bakterielle Cellulose für die Herstellung von Kleidungsstücken hergestellt werden kann. Bakterielle Cellulose ist stärker als Baumwolle und kann im Labor gezüchtet werden. Dies ermöglicht mehr Unabhängigkeit von komplexen, globalen Lieferketten der Modeindustrie und macht die Produktion nachhaltigere und effizientere.

Living Prototypes – Aedes Architecture Forum (aedes-arc.de)

Im Projekt Living Prototypes zum Thema nachhaltiges Bauen sind auf Basis von biologischem Material wie Flachsfasern und Biokunststoff digital hergestellte Bauelemente entwickelt worden. 3D-Druck und digitales Design dienten dazu, Möglichkeiten für eine ressourceneffizientere Bauweise mit Biomaterial aufzuzeigen. Initiiert hat das Vorhaben das ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory, finanziert durch das Programm Zukunft Bau des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen.

Eco-Curating

Worum geht es?

Der CO2-Fußabdruck des Kunstmarktes ist nicht klein: Insbesondere Kunstmessen – aus dem Kunstmarkt kaum wegzudenken – zahlen darauf ein. Das Bewusstsein dafür wächst: so stellte zum Beispiel die Liste Art Fair Basel 2021 erstmals auf der Art Basel aus. Mit Eco-Curating erproben einige Akteurinnen und Akteure aktuell einen kuratorischen Ansatz, mit dem Galerien, Museen und andere Kultureinrichtungen Ausstellungen nicht nur CO2-sparend planen, sondern gleich auf mehreren Ebenen Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen können. Das „ökologische Kuratieren“ will die Besucherinnen und Besucher für die dringenden ökologischen Herausforderungen unseres Planeten interessieren und aufklären und tritt gleichzeitig ein für einen verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen ein. Das kann verschiedene Aspekte umfassen: die Gestaltung von Ausstellungen, das Engagement in der Gemeinschaft, die ethische Verwaltung von Sammlungen und die Einbeziehung umweltfreundlicher Materialien und Technologien. Das Ziel: ein tieferes Verständnis für die Umwelt schaffen und eine engere Verbindung zu ihr zu fördern.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Eco-Curating bietet Künstlerinnen, Künstlern und Museen eine dynamische Plattform, um Kunst und Umweltbewusstsein miteinander zu verbinden. Für Kreativschaffende bietet es eine Möglichkeit, ökologische Themen durch ihre Arbeit zu erforschen und zu kommunizieren, und fördert so ein größeres Verantwortungsbewusstsein im kreativen Prozess. Galerien und Museen wiederum sind gefordert, ihre Rolle als Katalysatoren für das Umweltbewusstsein neu zu gestalten und Kunst zu einem Vehikel für nachhaltige Erzählungen zu machen. Eco-Curating kann auch andere Teilmärkte dazu anregen, umweltfreundliche Techniken und Materialien zu erforschen und gleichzeitig innovative Kooperationen zwischen Kreativschaffenden und wissenschaftlichen Institutionen anzuregen. So hat Eco-Curating das Potenzial, eine tiefere Verbindung zwischen Kunst, Kultur und der dringenden Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Umgangs mit der Umwelt herstellen.

Zukunft des Trends

Galerien, Museen und Kultureinrichtungen erkennen zunehmend ihre zentrale Rolle bei der Bewältigung drängender Umweltprobleme. Es ist zu erwarten, dass dieser Eco-Curating noch stärker in die Ausstellungspraxis integriert wird. Die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Umweltorganisationen und lokalen Gemeinschaften ist dabei ein wesentlicher Faktor. Ausstellende können spannende neue Technologien wie XR einsetzen, um immersive und interaktive Ausstellungen zu schaffen, die komplexe Umweltthemen effektiv vermitteln. So können die Botschaften auch über den physischen Rau, hinaus ausgedehnt werden, indem sie zum Beispiel Online-Plattformen, virtuelle Realität und erweiterte Realität nutzen, um ein größeres Publikum zu erreichen und nachhaltige Verhaltensweisen zu fördern. Da das öffentliche Bewusstsein und der Aktivismus in Bezug auf Umweltfragen weiter wächst, kann Eco-Curating zu einem wichtigen Instrument für Museen und Galerien werden, um positive Veränderungen voranzutreiben und ein kollektives Engagement für eine nachhaltigere Zukunft anzuregen.

Der Trend in der Praxis

Die Ausstellung „Grüne Moderne. Die neue Sicht auf Pflanzen“ im Kölner Museum Ludwig betont die Bedeutung von Pflanzen in unserem ökologischen Bewusstsein und zeigt, wie Künstler diese Themen in ihrer Arbeit reflektieren. Die Ausstellung fördert ein tieferes Verständnis für die Verbindung zwischen Kunst, Natur und Umweltschutz. Das Museum nutzt die Ausstellung auch, um sich selbst ökologischer auszurichten, bspw. durch den Umstieg auf Ökostrom, Müllreduzierung durch die Wiederverwendung von Materialien wie Fassadenbannern, einen digitalen (statt gedruckten) Ausstellungkatalog und Klima-Workshops für Besucherinnen und Besucher.

Einen Leitfaden für Klimaschutz und Nachhaltigkeit in Museen hat kürzlich der Deutsche Museumsbund e.V. veröffentlicht. Die Gallery Climate Coalition, ein internationaler Zusammenschluss vor Kunstorganisationen zur Reduktion der Umweltauswirkungen der Branchen, hat unter anderem einen „Decarbonization Action Plan“ und einen „Carbon-Calculator“ entwickelt, mit dem Galerien ihren CO2-Abdruck berechnen können.

Wechselseitiges Lernen in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Worum geht es?

Wechselseitiges Lernen heißt: Wissen und Erfahrung auszutauschen. Und zwar auf Augenhöhe. Denn wenn zwei oder mehr Personen auf kooperative Art und Weise voneinander lernen, eröffnet das neue Perspektiven. Die Interaktion fördert das wechselseitige Verständnis, was sich positiv nicht nur auf die Lernerfahrung auswirken kann. Ob innerhalb vom Unternehmen oder teilmarktübergreifend, in formellen oder informellen Kontexten, und ob kurz- oder langfristig angelegt: in diversen Team-Konstellationen und Netzwerken liegt besonderes Potential, sich auf diese Weise weiterzubilden. Vernetzung und Weiterbildung gehen dabei Hand in Hand. Netzwerke spielen in der KKW eine zentrale Rolle und eignen sich gleichzeitig hervorragend als Lernumgebungen. Wechselseitiges Lernen bietet Akteur*innen der KKW die Chance, sich auf den aktuellen Kenntnisstand zu bringen, eigene Wissenslücken zu erkennen und von den Erfahrungen anderer zu profitieren.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Die KKW ist ganz vorne mit dabei beim informellen Lernen und wenn es um die praktische Anwendung von innovativen Lernformaten wie Mentoring, Coaching oder Peer-Learning geht. Eine Patentlösung gibt es dabei nicht, sondern individualisierte Angebote ermöglichen die Wahl von Lernformaten, die auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Von digitalen, riesigen Massive Open Online Courses (MOOCs) bis zu analogen, personalisierten Mentoring-Programmen bietet wechselseitiges, kooperatives Lernen breitgefächerte Möglichkeiten für unterschiedlichste Tätigkeitsbereiche und Situationen.

Ein konkretes Format ist das Peer-Learning. Einige Erfolgsfaktoren: Erstens, eine Person ernennen, die für die Koordination verantwortlich ist. Zweitens, ein sicheres Lernumfeld schaffen, in dem alle sich wohl fühlen und bereit sind, ihre persönlichen Herausforderungen zu teilen. Drittens, ist der Lerneffekt ist am höchsten, wenn das Gelernte an realen Arbeitssituationen veranschaulicht wird. Indem viertens bleibende Netzwerke erschaffen werden, wird der kontinuierliche Lernprozess sowie Ideenaustausch im Rahmen von Gruppen weiter gefördert. Aufgrund der vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten ist dieses Format für die KKW besonders geeignet.

Zukunft des Trends

Komplexer werdende Anforderungen an Kreativschaffende verlangen nach kontinuierlicher beruflicher Entwicklung. Der klassische Frontalunterricht und standardisiertes Lernen werden wahrscheinlich nicht gänzlich verschwinden. Wechselseitiges Lernen, die Weitergabe impliziten Wissens und der Umgang mit komplexen Situationen werden jedoch insbesondere in der beruflichen Weiterbildung an Bedeutung gewinnen. Dabei spielt der zwischenmenschliche, professionelle Austausch unter Fachkolleg*innen eine zentrale Rolle. Lernumgebungen sind gefragt, die den gemeinsamen Wissenstransfer fördern. Ob physisch vor Ort, auf den bekannten Online-Kanälen oder künftig sogar im Metaverse.

Der Trend in der Praxis

Vernetzung und Weiterbildung im Content-Bereich: Mit dem Innovator Circle bietet Next Media Hamburg Kreativschaffenden die Chance, sich zu Themen wie Produktmanagement oder Geschäftsmodelle weiterzubilden und gemeinsam voneinander zu lernen.

Die Programmierschule 42, The Network ist zu 100 % nach Peer-Learning Prinzipien organisiert und ermöglicht den Studierenden eine niedrigschwellige und anwendungsbezogene Lernerfahrung.

Der Games Lift Inkubator von Gamecity Hamburg richtet sich an Spieleentwickler*innen und stellt ihnen Wissen, Ressourcen und Netzwerke zur Verfügung, damit sie ihre Projekte realisieren können. Durch die Kombination aus finanzieller Unterstützung, dem Austausch mit Branchenexpert*innen sowie individuellem Mentoring wird den Teilnehmenden ein solides Gesamtpaket angeboten.

Low-Code/No-Code (LCNC) in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Worum geht es?

Low-Code- bzw. No-Code-Plattformen (LCNC) ermöglichen es Kreativschaffenden, Softwareanwendungen zu entwickeln und Geschäftsprozesse zu automatisieren – mit wenigen oder ganz ohne Programmierkenntnisse. Intuitive, visuelle Benutzeroberflächen vereinfachen den Entwicklungsprozess und treiben so die digitale Transformation voran. Während Low-Code-Plattformen die technischen Anforderungen wesentlich reduzieren, erlaubt No-Code beispielsweise die App-Entwicklung, ohne eine einzige Zeile Code zu schreiben.

Beide Ansätze verwenden visuelles Programmieren (visual scripting), bei dem der Code über eine knotenbasierte Schnittstelle (node-based interface) durch Drag-and-Drop generiert wird. Einzelne vorprogrammierte Bausteine, ähnlich wie LEGO Blöcke, werden so verbunden, dass daraus ein Videospiel oder eine Simulation entsteht. Der intuitive Ansatz bietet einen effizienteren und besseren Austausch zwischen den Programmierenden einerseits und Designer*innen oder Künstlern*innen andererseits.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Die Entwicklung von LCNC-Plattformen findet insbesondere in der Software-/Games-Industrie zunehmende Beachtung und wird von den rasanten Fortschritten im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) stark beeinflusst wird. Gleichzeitig sind die entstehenden Möglichkeiten teilmarktübergreifend von Relevanz. Überall, wo Unternehmen durch Digitalisierung Arbeitsprozesse und Systeme ressourceneffizient und kostengünstig modernisieren, automatisieren und neue Technologien nutzen möchten, bieten diese Plattformen vielseitige Anwendungsmöglichkeiten und fördern die Innovationskraft. Zusätzlich ermöglichen LCNC-Werkzeuge durch ihren niederschwelligen Zugang eine breitere Partizipation, wodurch insbesondere auf das themenspezifische Wissen von Kreativschaffenden zurückgegriffen werden kann.

Kreative Prozesse zeichnen sich dadurch aus, dass Ideen und Prototypen laufend verbessert werden. Durch das vereinfachte, benutzerfreundliche Design unterstützt LCNC Kreativschaffende bei der Entwicklung ihrer eigenen Apps, Webseiten oder Medien. Die Technologie ermöglicht es, Prototypen digitaler Konzepte zu erstellen und diese zu testen. Das reduziert die Abhängigkeit von externen Entwickler*innen und erhöht die Produktivität und Reichweite.

Zukunft des Trends

Der Einsatz digitaler Tools erweitert die künstlerische Praxis und ermöglicht neue Geschäftsmodelle: Aufgrund der vereinfachten, flexibleren Möglichkeiten zur Softwareentwicklung werden LCNC-Technologien die klassische, individuelle Programmierung voraussichtlich in zunehmendem Maße ablösen. Zusätzlich könnte die erweiterte Funktionalität und die Integration von KI-Modellen eine automatisierte Code-Generierung ermöglichen, die Arbeitsprozesse zusätzlich vereinfacht und beschleunigt. Gleichzeitig wird es künftig für viele Akteur*innen der KKW wichtig sein, sich ein Grundwissen zu LCNC sowie verwandter Technologien anzueignen und sich über die Chancen und Risiken für die eigene Tätigkeit gut zu informieren.

Der Trend in der Praxis

Das Low Code | LowCodeLab@OST | Schweiz hat im Forschungsprojekt ArealPlus einen digitalen Leitfaden erschaffen, der es ermöglicht intuitive Stadtverdichtungs-Strategien zu entwickeln.

Epic Games‘ Unreal Engine (UE): Als Vorreiter im Bereich 3D-Echtzeit-Entwicklung bietet Epic Games eine eigene visuelle Programmiersprache namens Unreal Engine (UE) Blueprint. Das Tool ermöglicht den Zugriff auf Grafik, Ton, Animation und weitere wesentliche Elemente in der Software- und Spieleentwicklung.

NocoDB ist eine open-source No-Code Plattform, die aus Datenbanken intelligente Spreadsheets macht. Das ermöglicht auch Nicht-Programmierer*innen Software zu entwickeln.

Ko-kreative Forschung: Kultur- und Kreativwirtschaft trifft Wissenschaft

Ko-kreative Forschung: Worum geht es?

Die Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) ist Vorreiterin beim Vermitteln zwischen Wissenschaft und Gesellschaft: Akteur*innen der Branche tragen dazu bei, Forschungsergebnisse sichtbar und begreifbar zu machen. Beispielsweise schaffen sie Visualisierungen für klimatische Veränderungen wie die Erwärmung der Ozeane oder bringen ihr Wissen bei der Entwicklung innovativer, nachhaltigerer Materialien ein. Forschung und Kreation liegen deshalb heute so nah beieinander wie noch nie. Es entstehen immer häufiger Kollaborationen zwischen Forschenden und Kreativschaffenden, die sich temporär gemeinsam mit komplexen Herausforderungen auseinandersetzen. In kulturellen Zentren wie dem Pioneer Works in Brooklyn entwickeln Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Technolog*innen in räumlicher Nähe zueinander gemeinsam innovative Lösungen.

Ko-kreative Forschung bringt unterschiedliche Perspektiven zusammen. Von dem Wissensaustausch und ungewohnten Methoden profitieren alle Beteiligten. Auch aus unternehmerischer Sicht ist das sinnvoll: Ähnlich wie bei Open Innovation können durch den frühzeitigen Einbezug diverser Expertisen und Erfahrungen das Innovationspotenzial eines Unternehmens erhöht sowie Fehlerquellen in Entwicklungsvorgängen rechtzeitig erkannt und dadurch Kosten reduziert werden.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Ko-kreative Forschung stärkt die Innovationskraft der Branche und die ihrer Teilmärkte. Der Wissenstransfer eröffnet komplett neue Möglichkeiten, sich mit aktuellen Herausforderungen zu befassen und positive Entwicklungen zu befördern.

Künstlerische Forschung kann unter Einbezug von Daten und physikalischer Experimente komplexe Prozesse auf kreative Weise begreifbar machen und dadurch zu einem besseren öffentlichen Verständnis für Themen wie Nachhaltigkeit (vgl. Bienenstock HIIVE) oder Künstliche Intelligenz beitragen. Mit ihrer Wagnisbereitschaft, Gemeinwohlorientierung, ihrem explorativen Denken, gestalterischen Verfahren und Methoden wie Prototyping hat die KKW das Potenzial, Makro-Trends positiv zu beeinflussen.

Neue Verfahren, wie das Färben von Textilien mithilfe von Pilzen statt mit Chemikalien, können zum Beispiel Modedesign nachhaltiger gestalten. Häufig entstehen Innovationen dort, wo unterschiedliche Disziplinen aufeinandertreffen. Das interdisziplinäre Team von Mujō hat so algenbasiertes Verpackungsmaterial entwickelt, das sich nach der Verwendung wieder auflöst.

Zukunft des Trends

Wissen zugänglich machen, Probleme kreativ lösen: Die Herausforderungen unserer Zeit werden immer komplexer und so wird auch die ko-kreative Forschung in der KKW an Bedeutung gewinnen. Gleichzeitig nutzen Kreativschaffende selbst zunehmend wissenschaftliche Methoden in ihrer Arbeit und werden in Forschungsprozesse und Nachhaltigkeitsinitiativen miteinbezogen. Ko-Kreative Forschung ermöglicht es, neue Erkenntnisse aus der Wissenschaft für die eigene Arbeit zu nutzen, was insbesondere im Rahmen von Innovationsprozessen einen Mehrwert bietet. Prozesse, um branchen- und bereichsübergreifend zu arbeiten wie Design Sprints oder Design Thinking werden so immer wichtiger. Dabei werden digitale Plattformen und Tools, die die Infrastruktur für eine effiziente Zusammenarbeit und Austauschmöglichkeiten liefern, den Trend weiter vorantreiben.

Der Trend in der Praxis

Ludwig Med – Musictherapy for the critically ill (ludwig-med.com): An der Schnittstelle von Medizin und Musik wird dieses therapeutische, datenbasierte System zur Behandlung von Delirium bei Intensivpatienten eingesetzt. . Wissenschaftlich entwickelte Musik wird mit physiologischen Daten kombiniert, um Patient*innen zu unterstützen und das Krankenhauspersonal zu entlasten.  

Glacier Retreat – Ars Electronica Center: Um auf das Problem des Gletscherschwundes aufmerksam zu machen, bietet diese Installation die Möglichkeit, auf interaktive Weise mittels eines Touch-Interfaces mehr zu dem Thema zu erfahren.

Revoltech: Industriedesigner*innen beschäftigen sich in der Materialforschung mit Wegen, um nachhaltigere Gestaltungsmethoden, Produktionsweisen und Materialien zu entwickeln. So entwickelt beispielsweise Revoltech eine vegane, kunststofffreie, biologisch abbaubare Lederalternative. Das Spinn-Off der TU Darmstadt verbindet Materialdesign, Landwirtschaft und Technologie und orientiert sich am Prinzip der Circular Economy. Als Rohmaterial dienen hauptsächlich Hanffasern aus Deutschland, wodurch die Produkte um ein Vielfaches nachhaltiger sind als solche aus Leder.

Biomimikry = von natürlichen Zusammenhängen lernen

Biomimikry

Nachhaltigkeit und Resilienz, inspiriert von der Natur: Biomimikry bedeutet von natürlichen Zusammenhängen und Systemen zu lernen. Der Begriff lässt sich zurückführen auf die altgriechischen Wörter „bios“ = Leben und „mimesis“ = Nachahmung. Etwas geläufiger ist der Begriff Bionik, der sich auf die Lösung konkreter technischer Probleme bezieht. Besonders bekannte Beispiele für das Zusammenspiel aus Technik und Biologie: der vom Flug der Libelle inspirierte Hubschrauber und der gute alte Klettverschluss, für den die Idee dem Erfinder vermutlich beim Entfernen des Klett-Labkrauts von seiner Kleidung in den Sinn kam.

In Zeiten der Klimakrise ist die Suche nach klugen Lösungen für mehr Nachhaltigkeit und Resilienz wichtiger als je zuvor. Viele der Lösungen hält die Natur bereits parat – schließlich konnten sich Systeme und Organismen über mehrere Millionen Jahre entwickeln. Insbesondere in der Architektur lassen sich immer mehr Kreativschaffende deshalb von der Natur inspirieren, aber auch in anderen Teilmärkten lohnt sich der Blick über den Tellerrand in den Wald, auf die Wiese oder in die Weiten der Meere.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Architekt*innen ziehen schon lange Inspiration aus der Natur: Zum Beispiel planen sie die Belüftung von Gebäuden anhand der effizienten Belüftungssysteme von Termitenhügeln und sparen so große Mengen an Energie ein. Ein besonders bekanntes Beispiel für Belüftungskonzepte aus der Natur ist auch die Form des Gießkannenschwamms, die zum berühmten Londoner Gebäude „The Gherkin“ inspirierte.

Lebende Systeme können auch als Vorbild für digitale Systeme dienen. Das Prinzip der Oberflächenvergrößerung, die in biologischen Organismen das Ziel hat, mehr Stoffe (z. B. Wasser) aufnehmen bzw. abgeben zu können, kann für das Interface Design komplexer Systeme genutzt werden: Statt beispielsweise an einem oder mehreren nebeneinanderstehenden Desktops zu arbeiten, könnten sie in einer Art Matrix angeordnet werden, die den dreidimensionalen Raum nutzt. Anstelle von Laptops könnte vielleicht sogar ein anderes physisches Objekts entstehen, das völlig anders daherkommen als unsere heutigen Arbeitsmittel.

Zukunft des Trends

Die Natur hält unendlich viele Lösungen für Herausforderungen bereit, die wir heute vielleicht noch nicht einmal erahnen. Diese zu finden und nutzbar zu machen ist eine Aufgabe, die weit über die Kultur- und Kreativwirtschaft hinaus geht. Doch die Kultur- und Kreativwirtschaft und all ihre Teilmärkte tragen mit innovativen Lösungen und Ideen dazu bei, Biomimikry in die Breite zu tragen und profitieren gleichzeitig von neuen Denkanstößen aus der Natur.

So können zum Beispiel Schwarmdaten und die fast schon sprichwörtliche Schwarmintelligenz nicht nur technisch beim Aufbau neuronaler Netze für künstliche Intelligenz unterstützen, sondern auch bei der Erschaffung von außerordentlichen Kunstwerken als Inspiration dienen.

Der Trend in der Praxis

Daten-Visualisierung der besonderen Art: Refik Anadol, Medienkünstler und Architekt, ist bekannt für außergewöhnliche und großformatige Kunstwerke. Mit „Artificial Realities: Corals“ visualisiert er Daten über Korallenriffe und lenkt damit auf spektakuläre Weise die Aufmerksamkeit auf die Herausforderungen der Klimakrise.

Architektur, inspiriert von der Natur: Die Belüftung des Eastgate in Harare (Simbabwe) ist konzipiert wie die Struktur eines Termitenhügels. Das Resultat: Das Gebäude verbraucht 90 Prozent weniger Energie als vergleichbare Gebäude. Ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Formen und Farben aus der Natur in die Architektur einfließen und ein Gebäude sich natürlich in seine Umgebung einfügen kann, ist „The Whale“ in Norwegen.

 

 

 

Immersive Medien

VR, AR, XR: Immersive Medien in der KKW

Deutschlands Ausbildungslandschaft ist um ein Berufsbild reicher: Ab August 2023 können sich Interessierte zu Gestalter*innen für immersive Medien ausbilden lassen. Als immersive Medien werden vor allem „Extended Reality“-Anwendungen (XR) bezeichnet, zu denen Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und Mixed Reality (MR) gehören.

Einen neuen Ausbildungsberuf zu gestalten, dauert meist mehrere Jahre – immersive Medien sind demzufolge kein ganz neuer Trend. Aber: Sinkende Kosten und technologischer Fortschritt machen XR-Anwendungen für die KKW immer interessanter. So birgt zum Beispiel die Integration von XR mit künstlicher Intelligenz (KI) und dem „Internet of Things“ (IoT), also Netzwerke aus physischen Gegenständen wie Fernsehern oder Haushaltsgeräten, ganz neue Möglichkeiten, mit Kund*innen oder dem Publikum in Verbindung zu treten. Die KKW hat das Potenzial, die Branche zu sein, die XR-Technologien in die massenhafte Anwendung bringt.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Die Games-Branche ist seit jeher eine der größten Innovationstreiberinnen für XR-Technologie – ein besonders bekanntes Beispiel für ein Spiel, das Realität und virtuelle Spielfiguren verbindet, ist Pokémon Go. Aber auch andere Teilmärkte, wie beispielsweise Musik, Kunst und Architektur, die Filmbranche und die darstellenden Künste treiben die Entwicklung voran. Zum einen kann XR dazu beitragen, das Produkt näher an die Kund*innen zu bringen und ermöglicht personalisierte, individuelle Erlebnisse. Beispielsweise könnte ein Textilhersteller KI-basierte, kontextbezogene Anzeigen für Kleidungsstücke schalten – je nach Wetter, Uhrzeit oder zuletzt getätigten Einkäufen – die die Empfangenden direkt via AR-Filter anprobieren und dann bestellen können. Zum anderen kann XR auch Prozesse für Kreativschaffende erleichtern und neue kreative Möglichkeiten schaffen. So können beispielsweise Architekt*innen ihre Entwürfe mittels VR-Software erproben, gemeinsam mit Designer*innen direkt im 3D-Modell weiterentwickeln und so für ihre Kund*innen greifbarer und erfahrbarer machen.

Zukunft des Trends

Was der XR-Technologie aktuell noch fehlt, ist der „iPhone-Moment“ – also der Moment, in dem eine reife, bezahlbare Technologie auf einen in der Breite vorhanden Bedarf trifft und so in die massenhafte Anwendung kommt. Ob es diese eine Anwendung, die den Durchbruch bringt, im Falle der XR-Technologie, geben wird, ist offen. Klar ist aber, dass die KKW als Innovationstreiberin das Potenzial hat, hier eine zentrale Rolle zu spielen. Insbesondere im Bereich (Serious) Games, beispielsweise in Kooperation mit Weiterbildungsinstitutionen oder der Gesundheitsbranche, oder auch im Metaverse entstehen neue Märkte und Möglichkeiten.

Der Trend in der Praxis

  • Das amerikanische Unternehmen The Wild ermöglicht es allen an Bauprojekten Beteiligten – insbesondere Designer*innen und Architekt*innen – gemeinsam immersive 3D-Modelle zu begehen, was Prozesse beschleunigt und Fehler leichter entdecken lässt.
  • Augmented Reality kann auch Geschichte erlebbar machen, selbst wenn es keine Zeitzeuginnen und -zeugen mehr gibt. Im Virtual-Reality Experience „Ernst Grube – das Vermächtnis“ von UFA GmbH und Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) werden die Erinnerungen eines Holocaust-Überlebenden festgehalten – die Teilnehmenden erleben die Orte des Geschehens im direkten Gespräch mit dem Zeitzeugen. Im Deutschen Historischen Museum in Leipzig lässt sich an der Gamestation im Spiel „Leipzig `89 – Revolution reloaded“ der 9. Oktober 1989 aus verschiedenen Perspektiven erleben. Im Potsdamer Park Babelsberg können Besucherinnen und Besucher mit der App „Border Zone“ auf ihren eigenen Endgeräten das Leben der Menschen an und mit der Mauer erleben.
  • NEWBASE, gestartet als Co-Working-Space für die VR-Community, hat sich zur Agentur für AR und MR weiterentwickelt und schafft Experimentierräume für die Weiterentwicklung des Zusammenspiels von XR-, KI- und IoT-Technologien.

 

KI, Chatbots und die Kultur- und Kreativwirtschaft

Von „magisch“ zu alltäglich: Künstliche Intelligenz wird Berufsbilder in der KKW nachhaltig verändern

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde – aktuell besonders der Chatbot ChatGPT – und wird immer leichter verfügbar und nutzbar. Diese Entwicklung wird Berufsbilder auch in der KKW nachhaltig verändern. Bevor wir konkrete Anwendungsfälle vorstellen, haben wir die KI in Form von ChatGPT höchstselbst befragt, welche Auswirkungen sie auf Berufsbilder in der Kreativwirtschaft haben wird. Die Antwort benennt vier zentrale Bereiche:

1. Automatisierung von Aufgaben
2. kreative Unterstützung bei der Entwicklung neuer Ideen
3. Entstehung neuer Berufsfelder
4. Veränderung von Rollen

Das zeigt: Die Auswirkungen sind breit und werden sich in allen Teilmärkten der KKW manifestieren.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

Die Verbreitung und Verfügbarkeit von KI erfordert neue Fähigkeiten und bietet gleichzeitig große Chancen für mehr Qualität und Originalität. Es bleibt mehr Zeit für „menschliche“ Aufgaben und Inspiration, wenn mithilfe der KI repetitive und weniger anspruchsvolle Aufgaben übernommen werden können. So finden Designer*innen in der KI eine Inspirationsquelle, deren Output sie manipulieren und zu einem kreativen „Original“ machen können. Einen Schritt in diese Richtung geht zum Beispiel das Start-up cre[ai]tion: Hier können unterschiedliche von der Plattform vorgeschlagene Produkte und Designs frei kombiniert und die daraus entstandene Inspiration gesichert und sortiert werden. Manuelle Aufgaben, wie zum Beispiel Datenauswertungen durch Werbefachkräfte, werden durch die Optimierung KI-gesteuerter Systeme abgelöst. Auf dem Werbemarkt zum Beispiel im Rahmen des Contextual Video Taggings, das mittels KI stichwort- und situationsbezogene Werbebotschaften beim Streaming oder auch im linearen TV ausspielt.

Mehr dazu im Dossier Nachwuchs und Fachkräfte in der Kultur- und Kreativwirtschaft, Kapitel 4.

Zukunft des Trends

Je fortgeschrittener die Technologie, desto „kreativer“ wird die künstliche Intelligenz werden. Gleichzeitig wird sie jedoch auch intransparenter: Das birgt Chancen für Originalität, aber auch Risiken, beispielsweise in Bezug auf Social Biases.

Diese Risiken gilt es sehr genau im Auge zu behalten. Auch darin liegt eine wichtige Aufgabe für die KKW: Das Start-Up macht.sprache., Titelträgerin der Kultur- und Kreativpilot*innen 2022, hat sich beispielsweise zur Aufgabe gemacht, automatische Übersetzungen von DeepL und Co. auf sensible Begriffe zu prüfen – eine wichtige Unterstützung für Übersetzer*innen, sowohl als „Text Checker“ auf der Website als auch als Browsererweiterung für Übersetzungstools.

 

Der Trend in der Praxis

Es wird deutlich: Die Anwendungsmöglichkeiten für KI in der KKW sind vielfältig! Einige weitere Beispiele:

  • Mit Musikproduktionswerkzeugen wie Amper Music oder AIVA können Künstler*innen ihre Ideen schnell umsetzen: Sie geben der KI beispielsweise Stil, Instrumente und Stimmung vor und können das Ergebnis weiter bearbeiten und damit experimentieren.
  • Für Architekt*innen eröffnet das sogenannte Generative Design völlig neue Möglichkeiten: Sie geben ein Konstruktionsziel vor und lassen von einer KI-basierten Software Entwürfe fertigen, mit denen sich dieses Ziel erreichen lässt – oft mit Lösungen jenseits ihrer eigenen Vorstellungskraft, die direkt mit einem 3D-Drucker umgesetzt werden können.
  • Das tschechische Team THEaiTRE 2021 im Švanda-Theater in Smíchov, einem Vorort von Prag, das von KI verfasste Theaterstück „AI: When a Robot Writes a Play“ uraufgeführt. Der THEaiTRERobot generiert aus dem Titel eines Stückes eine eigene Handlung – hier können Sie es selbst ausprobieren.

BookTok

BookTok

Kurze Aufmerksamkeitsspannen in sozialen Medien versus in Ruhe ein Buch lesen – ein Kontrast, der sich mit den Hashtags #booktok, #bookstagram und #booktube einen spannenden Weg gebahnt hat. Unter den Hashtags werden Kurzvideos über „Bücher, die ich gerne nochmal zum ersten Mal lesen würde“ geteilt, über „Bücher, die mir das Herz gebrochen haben“ echte Tränen vergossen oder „Jeden Tag ein Buch“-Challenges ausgerufen – meist von und für junge Zielgruppen.

88 Milliarden Views bei TikTok, 82 Millionen Beiträge bei Instagram und weit über 100.000 Videos bei YouTube sind Belege für den Erfolg der Buchvorstellungen in den sozialen Medien. Ältere Buchtitel werden zurück in die Bestsellerlisten katapultiert, zuvor unbekannte Autor*innen verkaufen Millionen von Büchern – das Potenzial ist riesig.

Booktok ist ein Beispiel für den großen und wachsenden Einfluss von „Influencer*innen“ oder auch „Content Creators“, der sich auch auf traditionell eher analoge Branchen wie den Buchmarkt auswirkt – unabhängig davon, ob sie selbst aus der Branche kommen oder nicht.

Die Relevanz für die KKW und ihre Teilmärkte

#Booktok zeigt: die Community (und der Algorithmus) übernehmen ganz ohne „offiziellen“ Auftrag vermeintlich branchen-exklusive Dienstleistungen. Über neue Formate bekommt die Kuration von Inhalten so viel Reichweite, dass sie ganze Märkte beeinflusst. So war die Kuration von Büchern bisher Alleinstellungsmerkmal des lokalen Buchhandels gegenüber unpersönlichen Onlineshops. Offenheit für neue Formate ist deshalb zentral – und auch eine Chance. Gerade der improvisierte, schnelle, lustige Charakter vieler TikTok-Clips ist für Buchhandlungen mit wenig Budget, aber kreativen Ideen, eine tolle Chance, neue Zielgruppen zu erreichen.

Und soziale Medien sind keine Einbahnstraße: Näher an der Community zu sein, bedeutet auch zu wissen, was sie lesen will. Ideen können frühzeitig getestet werden. So entstanden aufgrund großer Resonanz bereits unerwartete Romanfortsetzungen und Buchverträge mit bislang unbekannten Autorinnen und Autoren.

Zukunft des Trends

Die Macht der sozialen Medien macht vor keiner Branche halt – auch nicht vor den stärker „analog“ orientierten Teilmärkten. In der Musikwirtschaft ist der Effekt bereits besonders deutlich zu spüren: Die meist mit Musik untermalten Kurzclips auf TikTok haben bereits heute einen starken Einfluss auf den Erfolg von Musik – und machen TikTok zur mächtigen Werbeplattform. Ähnliches könnte im Buchmarkt passieren. Der Algorithmus und Content Creators könnten die Rolle der Mitarbeitenden des stationären Buchhandels einnehmen – wenn diese den Trend an sich vorbeiziehen lassen, statt ihn für sich zu nutzen. Denn die Verlagerung des Gesprächs um Bücher in den öffentlichen Raum der sozialen Medien ermöglicht das Zuhören: Was wünscht sich, was interessiert die Community?  Zudem ermöglicht #booktok Autor*innen Reichweite, Bekanntheit und Erfolg, die ihnen sonst möglicherweise verwehrt geblieben wären.

Der Trend in der Praxis

Die Autorin Alex Alster veröffentlichte auf ihrem TikTok Kanal das Video „It’s called Lightlark“zu einem Buch, das sie gerne schreiben würde. Das Video ging viral und die Autorin erhielt Finanzierung für ihr Buch und konnte sogar die Filmrechte an Hollywood verkaufen. Über die Qualität des Buches streiten sich aktuell die Community und Literatur-Kritiker*innen.

https://www.tiktok.com/@alex.aster/video/6939242279056035077?is_from_webapp=v1&item_id=6939242279056035077

Der TikTok Kanal pastellpages (29.000 Follower*innen) empfiehlt und kommentiert Bücher aus verschiedenen Genres. Dabei kleidet sich die TikTokerin themenspezifisch und sorgt mit musikalischer Untermalung für den emotionalen Rahmen. Damit zieht sie ihre Zuschauer*innen in den Bann der Bücher.

https://www.tiktok.com/@pastellpages

Auf den Homepages vieler deutscher Buchhandlungen gibt es mittlerweile die Kategorie BookTok.

Casting Economy

Casting Economy

Aufmerksamkeit und Zeit haben eines gemeinsam: Sie sind knapp. Bei Konsumentscheidungen wie dem Streamen von Filmen, Serien und Musik, genauso aber auch beim Auswählen von Ideen gilt es, Entscheidungen möglichst schnell und effizient zu treffen. Willkommen in der Casting Economy! Das „Casting“ für die Entscheidung, welche Serie angefangen werden soll, besteht meist aus einer Vorauswahl an Trailern, die dann in den ersten Sekunden emotional überzeugen müssen. Bei Unternehmen sind es z. B. neue Produktideen, die durch Casting-Prozesse gehen. Wenn sie überzeugen, werden sie umgesetzt – andernfalls werden sie schnell verworfen.

So unterschiedlich die Beispiele auch sind, gemeinsam ist das große Vertrauen in die Auswahlmethode.  In diesen Fällen also in die Qualität der Trailer oder in die selbstgewählten Kriterien für eine „gute“ Idee. Das Problem: ähnlich wie bei den einschlägigen Casting-TV-Shows besteht die Gefahr, dass wertvolle Ideen, Talente, Filme oder Musikstücke durch das breite Raster fallen, weil sie nicht auf den Punkt abgeliefert haben. Die Casting Economy bringt also Effizienz – ob sie allerdings Diversität, Innovation oder Qualität liefert, sollte kritisch reflektiert werden.

Die Relevanz für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Ob vor Auftraggeber*innen, Projektpartner*innen oder Konsument*innen: Nahezu alle Teilmärkte der KKW sind davon abhängig, ihre Produkte und Dienstleistungen überzeugend und „knackig“ zu präsentieren, um sie erfolgreich an den Mann oder die Frau zu bringen.

Werbeagenturen oder Architekturbüros gewinnen ihre Aufträge häufig über Pitches. Ein nicht unumstrittener Trend, denn gerade in kleineren Agenturen fehlen oft die Kapazitäten, um regelmäßig aufwendige Pitch-Decks zu erstellen. Etwas Abhilfe könnten branchenspezifische Pitch-Guidelines schaffen, die den Prozess standardisieren. Um den Aufwand für Pitches für alle Beteiligten zu reduzieren, haben sich beispielsweise die Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM) und die Organisation der Mediaagenturen (OMG) mit Auditing-Unternehmen zusammengetan und eine gemeinsame Guideline für Pitches sowie ein Schulungsprogramm entwickelt.

Auf der Konsumseite setzt u. a. Spotify neue Standards: Songs zählen erst nach 30 Sekunden als abgespielt – wer also Geld verdienen möchte, muss in den ersten 30 Sekunden überzeugen. Das erfordert ein Umdenken beim Aufbau von Musikstücken, wie zum Beispiel dieser kabarettistische Beitrag anschaulich vorstellt.

Zukunft des Trends

Aufmerksamkeit wird zur Währung – dieser Trend bleibt und wird sich tendenziell noch mehr verstärken. Die Aufmerksamkeitsökonomie sorgt nicht nur in der Medienbranche für neue Formate und Herangehensweisen in der Arbeit. Letztlich alle Teilmärkte der KKW müssen sich neuen Regeln und Verhaltensmustern anpassen. Das kann schmerzhaft sein, hat jedoch, wie jeder Umbruch, auch kreatives Potenzial inne. Castings können zudem sehr unterschiedliche Formen annehmen – wie nicht zuletzt die diversen TV-Casting-Formate belegen. Alternativen zu Pitches können z. B. Chemistry Checks bei denen geprüft wird ob Agentur und Kund*in zusammenpassen sein.

Beim eigenen Konsumverhalten, aber insbesondere auch im Unternehmen wird die Selbstreflektion und das kritische Hinterfragen von Casting- bzw. Entscheidungsprozessen künftig noch wichtiger: Wie entscheiden wir uns für Ideen oder auch Fachkräfte? Sind die Kriterien die richtigen? Setzen wir die richtigen Prioritäten, was ist uns wirklich wichtig? Nur so kann sichergestellt werden, dass Entscheidungen effizient getroffen werden, nicht aber das eigene Innovationspotenzial beschneiden.

Authentische Kommunikation

Authentische Kommunikation

Von diversen Social-Media-Kanälen bis hin zu einer wachsenden Auswahl an professionellen Video-Tools, jede und jeder kann heutzutage Content kreieren. Zudem werden über Online-Medien Reichweiten erzielt und Zielgruppen erreichen, von denen manch klassisches Medium nur träumen kann. Der Zugang und die damit verbundenen Möglichkeiten, die inzwischen einem großen Teil der Gesellschaft offenstehen, führen zur Demokratisierung von Content-Creation.

Doch das birgt auch Risiken, denn Deep Fake, Post Truth und Fake News verstärken die Unsicherheit im Netz. Gleichzeitig wird die Menge verfügbarer Informationen – ob „fake“ oder echt – immer größer, während gerade in Krisenzeiten auch das Sicherheitsbedürfnis zunimmt. Was gebraucht wird: vertrauenswürdige Instanzen, die professionelle journalistische Methoden mit smarten, neuen Geschäftsmodellen verknüpfen und so den wachsenden Anforderungen an die Glaubwürdigkeit von Informationen wie auch den Nutzungsgewohnheiten der Menschen gerecht werden.

Die Relevanz für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Die KKW hat bei technologischen Entwicklungen schon immer eine zentrale Schnittstellen- bzw. Übersetzerinnen-Funktion. So macht zum Beispiel die Designbranche Technik erlebbar und nutzbar, indem sie Nutzungsoberflächen intuitiv gestaltet. Dies lässt sich auch auf Nachrichten und Kommunikation im Allgemeinen übertragen: allen voran Presse- und Rundfunkmarkt, können Informationen so aufbereiten, dass sie für ihre Konsumentinnen und Konsumenten wieder besser einzuordnen sind.

Ein zentraler Baustein dafür sind Plattformen zum Faktencheck, die sich zunehmend etablieren. Auch die Einordnung von Informationen in alltagskompatiblen Formaten gewinnt an Bedeutung. So erfreuen sich Newsletter mit kuratierten Inhalten und persönlichen Einschätzungen großer Beliebtheit. Der Schlüssel hier ist Authentizität – der oder die Absender*in sind den Leser*innen bekannt.

Zukunft des Trends

Der Zugang zu Technologien wie Deep Fake wird immer leichter, mit zunehmend professionell wirkenden Ergebnissen. Der Bedarf nach professionellen Faktenchecks gemäß dem hohen journalistischen Standard und authentischer Kommunikation steigt proportional dazu an. Eine zentrale Herausforderung dabei ist, mit der Aufklärung dieselben Personen zu erreichen, die auch die Fake News erhalten haben. Eine leichte, schnell erfassbare Aufbereitung ist dafür essenziell. Die Erfahrung zeigt: für vertrauenswürdigen, authentischen und einordnenden Content sind Nutzerinnen und Nutzer auch bereit, den Geldbeutel zu zücken.

Beispiele aus der Praxis

Facts for Friends bieten einen Faktencheck, der auch für schnelllebige Social-Mediaplattformen funktioniert. Dazu bündeln sie die Faktenchecks etablierter Faktenprüfer*innen und bringen sie in ein kurzes, leicht teilbares Format.

Faktenchecks für Regierungen und Medienunternehmen bieten Startups wie Sentinel aus Estland an. Das Startup automatisiert die Authentifizierung digitaler Medien, indem es prüft, ob ein Medium von künstlicher Intelligenz erzeugt wurde.

Für die Ausbildung von Medienkompetenz setzt sich die Stiftung Neue Verantwortung mit einem eigens entwickelten Nachrichten-Test ein. Hier kann man den Stand der eigenen Medienkompetenz testen. Medienschaffenden können sich außerdem mit seiner Hilfe für die Herausforderungen transparenter und authentischer Kommunikation sensibilisieren.

Fluid Talents

Fluid Talents

Die Herausforderungen durch den Fachkräftemangel innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) nehmen zu, die Pandemie wirkt hier zusätzlich verstärkend. Um qualifizierte Mitarbeiter*innen zu gewinnen, müssen sich die Kreativ-Unternehmen etwas einfallen lassen. Statt also in starren Job-Beschreibungen zu verharren, Stellen auf den üblichen Portalen auszuschreiben und auf das Beste zu hoffen, geht der Trend zum Fluid Talent. Das bedeutet: Den Arbeitsmarkt mehr als Fluss sehen denn als starre Struktur. Den Blick nach innen öffnen für Mitarbeitende, die sich bereits im Unternehmen befinden, nach Bedarf aber auch in anderen Rollen eingesetzt werden könnten. Auch außerhalb des Unternehmens können Ressourcen erschlossen werden: Welche Rollen könnten zum Beispiel ehemalige Mitarbeitende, Freiberuflerinnen und Freiberufler einnehmen? Welche Möglichkeiten gibt es für Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern? Auch Talente, die in anderen Unternehmen tätig sind, sich aber „ausleihen“ lassen würden, können neue Impulse setzen und die Umsetzung von Projekten ermöglichen, die spezielle Expertise erfordern, die im Unternehmen (noch) nicht vorhanden ist.

Die Relevanz für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Je spezifischer das benötigte Wissen, desto schwerer die Besetzung der Rolle. Gerade in sich dynamisch entwickelnden digitalen (Medien-)Berufen, wie beispielsweise im Presse-, Film- und Werbemarkt, wird die Halbwertszeit von Wissen immer kürzer und der Bedarf nach spezifischer Expertise wächst.

Aufgrund der kleinteiligen Strukturen in der KKW könnte Talent Sharing zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen. Beim Talent Sharing tauschen und teilen Unternehmen spezialisierte Fachkräfte untereinander – der „Talentpool“ vergrößert sich für alle. Das funktioniert auch über Teilmärkte hinaus: so könnte zum Beispiel eine Tontechnikerin aus der Filmbranche einen Verlag bei einem umfangreichen Podcast-Projekt unterstützen. Es ist auch ein Weg, Quereinsteiger*innen aus anderen Branchen zu finden, die ganz neue Expertise und Perspektiven mitbringen. Das fördert Innovationen und branchenübergreifende Zusammenarbeit – und senkt die Kosten fürs Recruiting und externe Berater*innen.

Zukunft des Trends

Fluid Talents sind ein Lösungsansatz für ein Problem, das die Branche noch lange beschäftigen wird. Der Fachkräftemangel wird sich weiter verschärfen. Ein flexiblerer Einsatz von Fachkräften könnte zu einer Notwendigkeit werden, um handlungsfähig zu bleiben.

Fest steht: wirklich nachhaltig wird sich das Fachkräfte-Problem in den Teilmärkte nur lösen lassen, wenn alle an einem Strang ziehen. An welchen Stellen kann die Kultur- und Kreativwirtschaft den Fluss von Wissen innerhalb der Branche und innerhalb von Unternehmen fördern? Welche Plattformen brauchen wir dafür? Wo können Partnerschaften mit anderen Unternehmen, Verbänden, Hochschulen oder Universitäten einen Mehrwert schaffen? Diese Fragen als Branche gemeinsam anzugehen, kann den Arbeitsmarkt in der KKW bereichern – und den Erfolg der Branche sicherstellen.

Die Pandemie hat die Musikbranche besonders hart getroffen. Viele Fachkräfte haben die Live-Branche in dieser Zeit verlassen. Die c/o Pop Convention hat deshalb im April 2022 die Job-Börse c/o work ins Leben gerufen. Statt klassischer Bewerbungsgespräche trafen Interessierte ungezwungen und authentisch zum Beispiel beim Tischtennis oder an der Bar auf Recruiter*innen und potenzielle neue Kolleg*innen.

Das Trainee-Programm GetOnSet der Hamburg Media School macht Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in 12 Monaten fit für zahlreiche Berufe in der Filmbranche – vergütet und dual mit verschiedenen Partnerunternehmen.

Agentur Boomer liefern auf Instagram & Co. täglich Memes aus dem Agentur-Alltag ab – nach dem Motto: „it’s funny cause it’s true“. Der Account entwickelte sich zum Kummerkasten unzähliger Agentur-Arbeiter*innen. Bedarf erkannt: Statt sich nur über nervige oder belastende Arbeitsbedingungen zu beschweren, gründete das Team eine eigene Job-Plattform. Das besondere an den Boomerjobs: Neben Beschäftigungsart und Karrierestufe lassen die Jobs sich auch nach „Boomerfits“ filtern. Zum Beispiel: Ist Homeoffice möglich? Ist das Gehalt transparent? Das Agentur-Jobportal zeigt: um langfristig erfolgreich zu sein, müssen auch prestigeträchtige Branchen den Bedürfnissen ihrer Fachkräfte nachkommen.

GameFi – Gaming trifft Finance

GameFi – Gaming trifft Finance

Kryptowährungen und NFTs sind auf dem Vormarsch und immer mehr Branchen arbeiten an neuen Möglichkeiten die Technologie für sich zu nutzen. In der Games-Industrie etabliert sich mit GameFi (Wortpaarung aus Gaming + Finance) ein neues Modell, dass die Art und Weise, wie Gamer*innen mit Spielewelten interagieren, grundlegend ändern könnte.

GameFi oder auch „Play-to-earn” (P2E) verändert den traditionellen Games-Sektor, indem es Gameri*innen erlaubt In-Game Assets, wie Figuren, Gegenstände oder Landflächen, in Form von NFTs zu besitzen, zu handeln und gegen reales Geld zu tauschen. Bereits Ende 2017 wurde mit CryptoKitties das erste Blockchain-basierte Game entwickelt, in dem virtuelle Katzen gesammelt, gezüchtet und gehandelt werden konnten. Durch den NFT-Hype 2021 und die Popularität von Spielen, wie Axie Infinity oder NBA Top Shots, gewann GameFi zunehmend an Popularität.

Die Relevanz für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Im klassischen Modell haben In-Game Assets keinen realen Wert – teuer erkaufte Waffen und Avatare können nur im Spiel verwendet werden. Ein Tauschen oder Verkaufen außerhalb des Games ist in diesem Modell nicht vorgesehen – in erster Linie profitieren davon also nur die Games Studios sowie Entwickler*innen.

GameFi ermöglicht es Gamer*innen Assets zu besitzen und damit über einen Teil der digitalen Welten, in die sie viel Zeit und Geld investieren, selbst zu verfügen. In der Praxis lässt sich über GameFi damit ein Einkommen generieren. Das Besondere bei GameFi: die Anreize für Gamestudios und Gamer*innen sind gleich ausgerichtet– sofern Assets im Wert steigen, profitieren beide Parteien von steigenden Erlösen beim Wiederverkauf und Lizenzeinnahmen. Durch ein nahtloses Zusammenspiel zwischen verschiedenen Blockchains und der Öffnung von Spielewelten wäre es zukünftig denkbar, Assets in andere Anwendungen zu übertragen und für virtuelle oder analoge Erlebnisse zu nutzen. Das macht GameFi zu einer neuen Geschäfts- und Monetarisierungstrategie im Games-Sektor.

Zukunft des Trends

Rein quantitativ ist die Zahl der Gamer*innen in den vergangenen Jahren (insbesondere durch die Pandemie) rasant gestiegen. Aber auch in der Qualität sind Veränderungen zu beobachten: Der Games-Sektor professionalisiert sich zunehmend. In E-Sports Turnieren treffen hauptberufliche Gamer*innen aufeinander und füllen Stadien. Mit dem Streamen von „Let’s Play“-Content erwirtschaften mittlerweile sogar Amateur*innen ein Einkommen. Illegal blieb derweil der Weiterverkauf von In-Game-Gegenständen oder geboosteten Spielkonten.

Mit GameFi entsteht ein Modell, das die Games-Branche nachhaltig verändern dürfte: Der Aspekt des Besitzens und Handelns sorgt für neue Interaktionsdynamiken und spricht neue Zielgruppen an. Assets über die Grenzen einzelner Games hinweg erwirtschaften und „mitnehmen“ zu können – das klingt nicht nur zufällig nach Metaverse. GameFi zeigt schon heute, welche neuen Geschäftsmodelle der aktuell noch eher diffuse Hype um das Metaverse auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft eröffnen könnte.

Beispiele aus der Praxis

Mit Axie Infinity ist GameFi der große Durchbruch gelungen. In dem Spiel werden digitale Monster namens Axies aufgezogen und gezüchtet. In Abenteuern und in Wettkämpfen lässt man sie gegeneinander antreten. Erfolgreiche Kämpfe und Eroberungen werden belohnt und Belohnungen lassen sich gegen reale Währung verkaufen. Das Spiel ist vor allem auf den Philippinen populär, wo Gamer*innen bis zu 500 Dollar im Monat verdienen können und es als attraktive Einkommensquelle genutzt wird.

Sorare ist ein Fantasy-Fußballspiel, bei dem Spieler ein virtuelles Team über digitale Spielerkarten kaufen, verkaufen und handeln. Sorare verfolgt reale Fußballstatistiken und belohnt Gamer*innen, die NFTs mit den entsprechenden Siegermannschaften besitzen. Sorare ist eines der bisher erfolgreichsten Beispiele für die Zusammenführung von GameFi mit realen Sportereignissen. Einflussreiche Fußballligen, wie die englische Premier League, die spanische La Liga und die europäische Champions League sind Kooperationspartner des Spiels.

Inklusive Stadträume konstruieren

Räume, in denen sich Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen begegnen, sind heute so wichtig wie noch nie. Durch die Corona-Pandemie mussten soziale Kontakte eingeschränkt werden, das Sozialleben verlagerte sich teilweise ins Internet – und damit oftmals geradewegs in die „Filterblase“. Denn Algorithmen schlagen uns vor allem die Gruppen, Produkte und Orte, die besonders gut zu uns passen. Das verstärkt die Tendenz zur sozialen Spaltung. Der Trend „inklusive Stadträume konstruieren“ setzt dem etwas entgegen. Dabei werden (halb-)öffentliche Orte, so genannte Dritte Orte durch Ansätze wie „Placemaking“ aufgewertet. Diese Methode zur gemeinsamen Umgestaltung von Räumen wird insbesondere von Kreativschaffenden vorangetrieben, die in öffentliche Orte hineinwirken und diese zu Räumen des Austauschs transformieren.

Placemaking – Wie die Kultur- und Kreativwirtschaft Stadträume neu denkt

Kreativschaffende wie z. B. Landschaftsarchitekt*innen, und Designer*innen, Musiker*innen sowie Darstellende und Bildende Künstler*innen nehmen beim „Placemaking“ eine wichtige Rolle ein. Sie erweitern durch ihre Methoden und Expertise den Raum für Gestaltungsmöglichkeiten. Dazu gehören u.a. künstlerische Interventionen, aber auch die niedrigschwellige Einbindung von Menschen in den Planungsprozess. Ziel ist es, Räume so umzugestalten, dass sie attraktiv für verschiedenste Nutzer*innengruppen sind und Programme zu entwerfen, bei denen Menschen Vorurteile ab und Empathie aufbauen können. Auch Studien zeigen: Menschen, die sich an kulturellen Aktivitäten beteiligen, neigen eher dazu sich auch in anderen Bereichen der Gesellschaft zu engagieren. Statt einen inklusiven Stadtraum aus der Perspektive einer einzelnen Teilgruppe zu denken, geht es darum Räume aus der Vielheit, der Diversität zu entwickeln.

Stadtraumgestaltung in der Zukunft

Wie Stadträume so gestaltet werden können, dass sie offen, zugänglich und willkommen heißend für alle Menschen sind, ist ein wiederkehrendes Thema. Mit der Corona-Pandemie und der lauter werdenden Diskussion um mehr Inklusion und Diversität in unserer Gesellschaft und Wirtschaft hat der Trend „Konstruktion inklusiver Stadträume“ eine neue Bedeutung erlangt. Durch den Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion, sozialen Status etc. kann Sozialkapital aufgebaut werden und sozialer Spannungen entgegengewirkt werden. Ein Schritt in diese Richtung ist es, Menschen in inklusiven Stadträumen durch niedrigschwellige Angebote für gesellschaftliche Aktivitäten zu gewinnen.

Gestaltung von Stadträumen in der Praxis

Im Innovation Camp #Umpflastern haben 250 Teilnehmer*innen aus Verwaltung, Architektur und anderen Bereichen der Kultur- und Kreativwirtschaft Lösungen für verschiedene Herausforderungen der Stadtrumgestaltung entwickelt. Die Dokumentation und Praxisbeispiele gibts hier.

NEW HAMBURG ist Kooperationsprojekt des Deutschen Schauspielhauses Hamburg mit kirchlichen Einrichtungen und dem Stadtteil Veddel. Das Team kuratiert Veranstaltungsformate, die lokale Themen aufnehmen und sichtbar machen. Dabei werden Menschen in Kontakt gebracht, die sonst nicht oder nur selten zusammenkommen z.B. Geflüchtete und Alteingesessene.

48 h Neukölln ist ein Kunstfestival im Berliner Stadtteil Neukölln. 48 Stunden lang werden Grünflächen, Hinterhöfe, Einkaufspassagen uvm. in ein künstlerisches Experimentierfeld verwandelt. Das Festival bringt queer*feministische, inklusive, dekoloniale und (post-)migrantische Perspektiven ein und regt zum Austausch zwischen den Kiezbewohner*innen an.

 

Die Kultur- und Kreativwirtschaft als Energie-Produzentin

Energieversorgung kann nur die Industrie? Der Trend Kreativstrom zeigt, dass auch die Kultur- und Kreativwirtschaft zur Produzentin von Energie werden kann. Vor dem Hintergrund des Klimawandels und der Spannungen auf den Energiemarkt durch den Russischen Angriffskrieg ist auch die Kultur- und Kreativwirtschaft von steigenden Energiekosten betroffen. Dies gilt besonders für energieintensivere Teilmärkte wie den Architekturmarkt, die Musikwirtschaft oder die Filmwirtschaft. Vorreiter*innen in der KKW stellen u.a. durch Kooperationen mit der Industrie oder durch eine eigene Wasserstoffinitiativen unter Beweis, dass die KKW selbst Strom produzieren kann und damit zur Energiewende beiträgt.

Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Energieverbrauch als Voraussetzung

Deutschland strebt an, bis 2045 klimaneutral zu werden, d.h. weniger CO2 auszustoßen, als von der Atmosphäre gespeichert werden kann. Die KKW hat durch ihren Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung eine Vorbildfunktion bei der Erreichung der Ziele. Aus der Branche für die Branche gibt es Initiativen den ökologischen Fußabdruck zu messen, z. B. mit den CO2 Rechnern des Aktionsnetzwerks Nachhaltigkeit oder der Gallery Climate Coalition. In allen Teilmärkten wird die Reduktion des Energieverbrauchs diskutiert, allen voran in energieintensiven Bereichen wie Musik- und Theaterspielstätten, bei Filmdrehs, im Hochbau aber auch im Bereich Digitale Kunst. U. a. engagiert sich die Architektenkammer für mehr Klimaneutralität im Gebäudesektor und es werden Studien zum Energieverbrauch von Theaterspielstätten erstellt.

Nicht nur klimaneutral, sondern „energiepositiv“

Der Schritt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft ihren Energieverbrauch nicht nur reduziert, sondern auch selbst Energie produziert, ist bislang den Vorreiter*innen der Branche überlassen. Doch das könnte sich in Zukunft ändern. Am Hydrogene Creative Lab forschen heute Kreativschaffende gemeinsam mit Wissenschaftler*innen an Wasserstoff-Modulen für die Zukunft. Ihre Vision ist es, den Energiebedarf in der KKW mithilfe der Wasserstofftechnologie zu decken, um z. B. ein ganzes Festival zu versorgen. Dafür knüpfen sie Netzwerke und machen Wasserstoff in der Kreativwirtschaft breitentauglich. Auch Kooperationen mit der Industrie am Beispiel des E-Kraftwerks Luckenwalde zeigen, dass die KKW zur Stromproduzentin werden kann.

Auch der Doppeldeckerbus unserer Roadshow hat seit dem Frühjahr 2022 Solarpanels auf dem Dach. Damit werden technischen Anwendungen unserer interaktiven Ausstellung mit Strom versorgt.

Der Trend Kreativstrom in der Praxis

Greeting to the sun” in Zadar, Kroatien ist eine Photovoltaik Installation von Nikola Bašić. Die Installation produziert 46,500kW Strom im Jahr, der für die Beleuchtung des Küstenparks eingesetzt wird.

André Broessels Glas-Solar Skulpturen erzeugen so viel Strom, dass davon ein Elektrofahrzeug betankt werden kann. Das Sonnenlicht wird gezielt durch eine Glaskugel auf Solarpanels im Inneren geleitet, wodurch eine Effizienzsteigerung von 35% erreicht wird.

Am Kunststrom am E-Kraftwerk Luckenwalde: Das ehemalige Kohlekraftwerk ist heute ein Kunst- und Ausstellungsort, der mehr Strom produziert, als er verbraucht. Der Kunststrom wird u.a. durch künstlerische Interventionen und Installationen und Performances im öffentlichen Raum erzeugt. Er kann in ganz in ganz Deutschland über das Angebot der Bürgerwerke bezogen werden.

 

Benefit Corporation: Eine neue Rechtsform rückt wertebasiertes Unternehmer*innentum in den Fokus

Die Rechtsform Benefit Corporation (BCorp) gibt es bereits in über 30 Ländern, unter anderem in den USA, Kanada, in Italien, Kolumbien und Ecuador. Das Besondere, neben profitorientierten Zielen verankert sie auch soziale, nachhaltige oder kulturelle Ziele im Unternehmen. Neben der Rechtsform können sich Unternehmen auch als BCorp zertifizieren lassen – seit 2020 auch in Deutschland. Die Zertifizierung stellt sicher, dass das Unternehmen sich an die gesetzten Ziele hält. Betrachtet werden fünf Bereiche: 1) Personal, dazu gehören auch faire Löhne und Transparenz, 2) Community, hier zählt z.B. ehrenamtliches Engagement, Gleichberechtigung & Diversität, 3) Umweltkriterien, 4) Governance, dazu gehört z.B. werteorientierte Unternehmensführung und 5) Kund*innen, betrachtet wird hier u.a. das Feedbackmanagement. Der Zertifizierungsprozess wird vom BLAb begleitet, alle drei Jahre wird das Zertifikat überprüft.

www.bcorporation.de

Benefit Corporations in der KKW – Profit oder Werte? Beides!

Ob Kreativität, Community, Klimaschutz oder Diversity, für viele Unternehmungen in der Kultur- und Kreativwirtschaft sind diese Werte Antrieb und Unternehmenskern. Mit der neue Rechtsform Benefit Corporation finden diese Werte ganz offiziell einen Platz in der Unternehmensstruktur.
Die Verankerung durch die Rechtsform und die Zertifizierung geben Unternehmen in der Kommunikation nach außen und mit Partner*innen die nötigen Argumente, warum dieser gleichberechtigte Ansatz so wichtig ist. Gerade in Bezug auf Förderungen und Investor*innen entwickelt sich durch den Ansatz für die Kreativwirtschaft eine neue Art der Geschichte, die Nachhaltigkeit und Kreativität noch stärker in den Mittelpunkt rückt. Ein wichtiger Schritt in Richtung einer wertebasierten Ökonomie.

Zukunft für Benefit Corporations: Neue Wertschätzung für Kreativität

Die wachsende Verbreitung von Benefit Corporations fördert die Auseinandersetzung mit der Frage: Wie können Profitorientierung und Werte wie Nachhaltigkeit und Kreativität zusammenspielen? Da Unternehmen aller Branchen die Zertifizierung als BCorp und die Rechtsform Benefit Corporation annehmen können, gewinnt diese Diskussion an Bedeutung weit über die Kreativwirtschaft hinaus.
Die Debatte über den Wert von Kreativität kann sich dadurch verändern – und die Wertschätzung für die Kreativwirtschaft fördern. Innerhalb der Kreativwirtschaft kann dieses Umdenken neue Impulse auslösen, zum Beispiel in Bezug auf neue Geschäftsmodelle und Unternehmer*innenpersönlichkeiten.

Trends in der Praxis

Die Abury Collection GmbH ist eine Berliner Designfirma, die innovatives, modernes Design, handgemachte Qualität und soziale Bedeutung in ihren Handtaschenkollektionen miteinander verbindet.  Seit 2018 sind sie mit einem Flagship Store im Bikini Berlin zu finde.

Ein weiteres Beispiel ist das Nürnberg Digital Festival. Einmal im Jahr können sich über elf Tage hinweg Menschen in der Metropolregion Nürnberg zu den zentralen Themen der Digitalisierung in Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur vernetzen. Das Festival versteht sich als offenes Mitmach-Format der digitalen Community.

International zu nennen sind zum Beispiel die Vancouver Film Studios, das erste klimaneutrale Filmstudio.

Gastbeitrag

Unsere Gastautorin Prof. Dr. Gesa Birnkraut ist Teil unseres Wissenschaftsnetzwerk. Sie studierte Betriebswirtschaftslehre, Kulturmanagement und promovierte zum Thema: „Ehrenamt in kulturellen Institutionen im Vergleich USA und Deutschland“. Sie hat eine Professur für strategisches Management im Non Profit Bereich an der Hochschule Osnabrück und ist unter anderem auch die geschäftsführende Gesellschafterin der Kulturberatung BIRNKRAUT|Consulting. Ihre Forschungs- und Beratungsschwerpunkte liegen auf den Themen Evaluation und Wirkungsmessung, creative and social entrepreneurship und strategische Zukünftebildung.

Mehr zu unserem Wissenschaftsnetzwerk

 

Thomas befördert Thomas, der stellt wiederum Thomas ein: Menschen neigen dazu, sich mit ihren Spiegelbildern zu umgeben – der „Thomas-Kreislauf“.
Aber: Für kreative Lösungen, in einer von immer neuen Krisen geprägten (Arbeits-)Welt, braucht es diverse Perspektiven durch neue Kombinationen von Wissen und Qualifikationen. Und zwar ganz besonders dort, wo Entscheidungen getroffen und Transformationsprozesse angestoßen werden. Nicht ohne Grund besteht ein nachgewiesener Zusammenhang zwischen vielfältig aufgestellten Führungsteams und Unternehmensrentabilität. Um Diverse Leadership zu leben, müssen sich zuvor ungesehene Talente entfalten können, frei von Vorbehalten aufgrund von Dimensionen wie Alter, Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, körperlichen Fähigkeiten, Religion oder sexueller Orientierung. Viele Bereiche der Kultur- und Kreativwirtschaft haben das erkannt und streben hin zu einer diverseren Leadership-Kultur.

Diverse Talente für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Diverse Leadership bedeutet, eigene Vorurteile, Privilegien und Denkmuster zu hinterfragen. Das öffnet auch den Blick für neue Zielgruppen.  Existierende Strukturen kommen auf den Prüfstand. Ein Verlag von und für BIPoC (Black, Indigenous, People of Colour) und Games für FLINTA (Frauen, Lesben, Inter-, Nicht-binär, Trans-, Agender) sind zwei von vielen Unternehmensbeispielen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, Geschäftsmodelle umzudenken und um fehlende Perspektiven zu ergänzen.

Diverse Leadership ist deshalb in der Kultur- und Kreativitätswirtschaft nicht nur ein Wert für sich, sondern auch ein zentraler Erfolgsfaktor. Wer ein Arbeitsumfeld schafft, in dem jede und jeder nicht nur arbeiten kann, sondern auch möchte, ist im schärfer werdenden Wettbewerb um kreative Köpfe besser aufgestellt: Ein Ort, an dem jede Perspektive wertgeschätzt wird, kann bei der Job-Entscheidung den Ausschlag geben – ganz besonders, wenn es in dem Job um kreative Entfaltung geht.

Resilienz durch Diversität

Kreative Berufe setzen ein zunehmend breiteres Qualifikations-Spektrum voraus. Neben kreativ-fachlichen Fähigkeiten sind vor allem auch technische und unternehmerische Kenntnisse gefragt. Die sogenannten Fusion Skills – also allgemeine, branchenunspezifische Qualifikationen – gewinnen an Bedeutung. Dabei geht es nicht nur um innovative Ideen und mutige Entscheidungen, sondern auch um das Vorleben von und das Befähigen zu echter Transformation. Durch ihre unterschiedlichen Hintergründe und Erfahrungen bringen diverse Führungsteams genau diese Fusion Skills an einen Tisch. In Zeiten immer schneller aufeinander folgender Disruptionen werden diejenigen Unternehmen und Intuitionen maßgebliche Impulse setzen, die dank unterschiedlicher Köpfe, Augen und Ohren an entscheidenden Positionen resilient und aufmerksam aufgestellt sind.

Diverse Leadership in der Praxis

Die Kreativagentur Granny begleitet Marken in den Bereichen Entertainment und Lifestyle. Diversität ist Teil ihrer Erfolgsstrategie. So besteht das Führungsteam aus drei Frauen und drei Männern, auch die Kampagnen sind von Vielfalt geprägt. Dass die Agentur große Kunden wie Netflix und Spotify überzeugen kann, zeigt: Diverse Leadership und eine offene Führungskultur zahlen sich aus.

Die Games-Industrie ist einer der dynamischsten Teilmärkte der Kultur- und Kreativwirtschaft. Gleichzeitig sind Zielgruppen, Content und Personalstrukturen stark männlich geprägt. Mit Fein haben Lea Schönfelder und Franziska Zeiner ein frauengeführtes Gaming-Studio gegründet. Die Vision: Spiele mit kultureller Relevanz. Dabei nehmen sie die Perspektive von FLINTA ein, die sie gleichzeitig auch als Zielgruppe ihrer Games verstehen.

Stolze Augen ist Deutschlands erste Verlagsgesellschaft von und für BIPoC. Das Ziel der Gründerinnen Viviane Camara und Wandi Wrede: dazu beitragen, dass es noch mehr Schwarze Autorinnen und Autoren gibt und Bücher zu produzieren, die auch von Schwarzen Menschen gelesen werden wollen.

 

 

Die Frage, wie unsere Wirtschaft Klimaneutral gestaltet werden kann, treibt nicht nur Staats- und Regierungschef*innen auf der Klimakonferenz COP26 in Glasgow um. In der Kultur- und Kreativwirtschaft sind klimaneutrale Geschäftsmodelle ein Trend. Dabei geht es meist um die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks der eigenen Firma oder um die Entwicklung nachhaltiger Angebote für Konsument*innen. Unternehmen und Initiativen aus verschiedenen Teilmärkten wie die Gallery Climate Coalition, die Green Music Initiative oder das übergeordnete Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit arbeiten an der Klimaneutralität innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft, setzen Standards und stoßen Geschäftsmodellinnovationen an.

Verschiedene Ansätze hin zur Nachhaltigkeit

Pionierarbeit leisten unter anderem Soloselbstständige und Kleinstunternehmen aus dem Design und der Architektur, die mit ressourcenschonende Geschäftsmodelle experimentierten. Bereits im Gestaltungsprozess werden Nachhaltigkeitsaspekte des fertigen Produkts mitgedacht. Unter anderem wird das cradle to cradle Prinzip der Kreislaufwirtschaft genutzt, bei dem Ressourcen so wiederverwertet werden, dass möglichst wenig Abfall entsteht. Anwendung findet das Prinzip bei nachhaltiger Mode oder der Architektur. Zeitungsverleger*innen prüfen, wie sie Ihre Online-Paper schlanker gestalten können, so dass diese weniger Strom und damit weniger CO2 verbrauchen. Festivals nähern sich der Klimaneutralität durch die Erprobung von Wasserstoff-Aggregaten.

Mehr Klimaneutralität in der KKW
Vom Trend zum Standard

In Zukunft wird Klimaneutralität in der Breite ein selbstverständlicher Teil eines jeden KKW-Geschäftsmodells sein. Die aktuell gesetzten Selbstverpflichtungen werden zu neuen Standards in den Teilmärkten werden. Die Filmförderung arbeitet aktuell an der Zertifizierung von klimaneutralen Produktionen und ökologischen Mindeststandards. Handlungsempfehlungen für das Green Shooting gibt es bereits.  Auch in der Aus- und Weiterbildung von Kreativschaffenden wird das Thema Klimaneutralität zentraler. Seit kurzem gibt es die IHK-zertifizierte Weiterbildung Transformationsmanager*in für Nachhaltige Kultur.

Klimaneutrale Geschäftsmodelle in der Praxis

Das Architekturbüro White Arkitekter, das bis 2030 alle Projekte klimaneutral gestalten möchte, bietet seinen Kund*innen mit dem Service „White ReCapture“ eine umfassende Kategorisierung sämtlicher Bauteile eines Gebäudes an, von Tragwänden bis zum Ziegelstein. Dadurch kann der Aufwand bei der Beurteilung des Wiedernutzungspotenzials der Bauteile reduziert werden.

Ob Kaffeebecher aus Kaffeesatz, Teller und Schüsseln aus Palmblättern oder essbares Besteck: Mit einem Fokus auf Design und werteorientiertem Wirtschaften bringen die Teams von Greenboxes, Kaffeeform, Knaerzje, Kulero, Swarm Protein und Wisefood die außergewöhnlichsten Materialien auf die Theke. Mehr dazu findet sich in unserer Roadshow.

Das Modelable ArmedAngels verkauft in einem Pilotprojekt T-Shirts mit einem eingenähten digitalen Kreislauf-ID. Über das Smart-Phone können so Informationen zu Produktion abgerufen werden. Durch ein Rücknahmesystem kann das Kleidungsstück in den Kreislauf zurückgeführt werden.

 

 

Film, Computerspiel oder Spaziergang? Diese Frage stellten sich viele Menschen während der Corona Pandemie, wenn es um Freizeitbeschäftigung ging. Wie wichtig Kunst und Kultur für unser Wohlbefinden, unsere Psyche ist, wurde uns allen schmerzlich bewusst. Das Thema mentales Wohlbefinden, auf Englisch Mental Health, rückt zunehmend ins Bewusstsein und wird auch von der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) aufgegriffen. Der Trend Mental Health hat drei Dimensionen:
1) Die gesellschaftliche Dimension und das Bewusstsein für den Stellenwert der KKW in unserer Gesellschaft und für unsere Demokratie
2) Die individuelle Dimension, die zunehmende Offenheit über psychische Erkrankungen zu sprechen, auch innerhalb der KKW.
3) die ökonomische Dimension, in der Kreativschaffende spezifische Produkte und Angebote für mentales Wohlbefinden entwickeln.

Mental Health in der Kultur- und Kreativwirtschaft

In der Kultur- und Kreativwirtschaft wird das Thema Mental Health in den unterschiedlichsten Teilmärkten bearbeitet: Architekt*innen beschäftigen sich zunehmend damit, wie sich die gebaute Umwelt positiv auf das individuelle Wohlbefinden auswirkt. Designer*innen untersuchen positive Effekte von Gestaltungsmethoden z.B. Co-creation auf die mentale Gesundheit. Wie auch Musiker*innen und Game-Designer*innen entwickeln sie Produkte, die Stress reduzieren, bei psychischen Erkrankungen unterstützend wirken oder mehr Bewusstsein für den eigenen Körper schaffen sollen. Bei der Entwicklung von Mental-Health Produkten und Services wird auf Cross-Innovationen gesetzt. Kreativschaffende arbeiten eng mit Personen aus dem Gesundheits- und Wissenschaftsbereich zusammenarbeiten.

Mental Health – Möglichkeiten für die Zukunft

Der Trend Mental Health steht erst am Anfang. Die jüngeren Generationen gehen viel selbstverständlicher mit dem Thema mentale Gesundheit um und werden dies auch bei ihren Arbeitgebern stärker einfordern. Verantwortung für das eigene Wohlbefinden (Self-Care) könnte zu einer geteilten Verantwortung werden (Collective-Care). Dieser Wandel könnte zukünftig noch stärker von Kreativunternehmer*innen begleitet werden, das zeigen jetzt schon Agenturen wie beispielsweise ShitShow. Darüber hinaus wird der Bedarf für Lösungen an der Schnittstelle (mentale) Gesundheit und Technologie wachsen. Insbesondere das Thema Patience-Experience, die Einbeziehung von Patient*innen in den Entwicklungsprozess, wird wachsen. Auch hier bieten sich Kreativschaffende spannende Tätigkeitsfelder.

Beispiele aus der Kultur- und Kreativwirtschaft

ShitShow: Agentur für Mentale Gesundheit ist eine Agentur, die Unternehmen bei der Wiederherstellung und dem Erhalt der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz berät. Durch die Kreation von Objekten wie dem „Würger“ machen ShitShow zudem Symptome psychischer Erkrankungen erfahrbar. Mehr zum Thema finden Sie auch auch in unserer Roadshow.

Living Brain: Rehabilitation für den Kopf ist ein Start-Up das Menschen mit neurologischen Erkrankungen wie Schlaganfällen zurück ins Leben hilft. Mit Hilfe von VR-Technologie trainieren Patient*innen lebensnahe Alltagsszenarien wie Kaffee kochen oder Einkaufen.

Graft Architekten: Intensivzimmer Charité In einem Pilotprojekt haben Graft zwei Zimmer der Intensivstation umgestaltet. Raum- und Lichtgestaltung sind an die Bedürfnisse von Patient*innen angepasst.

 

Von der Creator Economy zur Creator-owned Economy

„Creator Economy“, so wird das Geschäft mit der Erstellung und Vermarktung von Inhalten auf Social Media Plattformen, wie Instagram, Twitch, TikTok und Co genannt. Blogger*innen, Kurator*innen und Videoproduzent*innen vertreiben dort über ihre Reichweite eigene Produkte und Dienstleistungen.

Ein Kritikpunkt gegenüber den Plattformen ist u.a., dass Kulturproduzent*innen und Creator*innen nicht ausreichend ihre Inhalte und Werke entlohnt werden. Der neue Geschäftsmodell-Trend Creator-owned Economy schafft hier Abhilfe und entwickelt die Creator Economy mithilfe von Blockchain maßgeblich weiter. Über eine eigene, digitale Währung, sogenannte Creator Coins, und ein kryptographischens Verfahren, werden direkte Transaktionen zwischen Konsument*innen und Content-Creators ermöglicht.

Mehr Selbstbestimmung für Künstler*innen durch Creator Coins

In der Kultur- und Kreativwirtschaft wird die Blockchain Technologie in immer mehr Anwendungsbereichen erprobt. Durch die sogenannten Creator Coins entwickelt sich gar eine neue und eigenständige Ökonomie: Content Creator können physische und digitale Güter und Dienstleistungen im Austausch für ihre Währung anbieten und sowohl Fans als auch Content Creator können am Wachstum und Erfolg dieser Wirtschaft teilhaben.

Eine unabhängige Musikerin lanciert z.B. einen Creator Coin und entscheidet eigenständig über exklusive Vorteile, wie Ticketvorverkauf, exklusives Merchandise, persönliche Interaktion und unveröffentlichtes Material. Damit gewinnt die Musikerin eine neue Ebene der Kontrolle über ihre Marke und Inhalt. Gleichzeitig erhalten Inhaber*innen des Coins nicht nur Zugang zu den Vorteilen, sondern haben auch Anteil am Wert des Coins und an seiner Wertsteigerung. Mit Blick auf digitale Wertschöpfungsketten liegt das Potenzial der Creator-owned Economy damit in einer größeren Transparenz, Selbstbestimmung und einem höheren Auskommen für Kreativschaffende.

Zukunft der Blockchain Technologie in der KKW

Durch die Blockchain ergeben sich neben dem Creator Coin auch für digitale Vermögenswerte in Form von „Non Fungible Tokens“ (NFTs) sowie für Fundraising durch „Initial Coin Offerings“ (ICOs) enorme Möglichkeiten.

Mithilfe von NFTs lassen sich digitale Objekte im Bereich Kunst, Videos, In-Game-Gegenstände und Musik verknappen. Dabei kommt ein einzigartiger kryptografisch verschlüsselte „Signatur“ zur Anwendung durch welche digitale Objekte als das ursprüngliche Original ausgewiesen werden. Hinzu kommt, dass ein NFT so programmiert werden kann, dass bei jedem Wiederverkauf des digitalen Objekts die Künstler*in automatisch mit einem Anteil vergütet wird. Der NFT-Kunstmarkt verzeichnetet 2021 Rekordumsätze. Über ICOs können Kreativschaffende eine Art Börsengang starten und Kapital für ihre Produktionen einsammeln, indem sie einen Anteil ihrer Creator Coins an Anleger*innen verkaufen.

Blockchain in der Praxis

Blockchain my Art ist ein Zahlungsangebot für Kulturveranstaltungen und Festivals, das auf der Blockchain basiert. Über eine App können Zahlungsvorgänge einfach, transparent und sicher abgewickelt werden. Dadurch stellt Blockchain my Art eine Nähe zwischen Besucher*innen und Veranstalter*innen her und schafft Vertrauen.

ArtByte ist eine Kryptowährung, die es Sammler*innen ermöglicht, Kunstwerke direkt von Künstler*innen zu kaufen, die ArtBytes verwenden. Durch die beschriebene NFT-Technologie können digitale Kunstwerke als Original bestätigt und der Besitzer verifiziert werden.

Vezt ist ein Marktplatz für Musikrechte, der es Künstler*innen und Songwriter*innen unter anderem ermöglicht einen Prozentsatz ihrer Tantieme eines Songs als Initial Coin Offerings anzulegen.

Das sogenannte „Green Nudging“ kann dabei helfen, gewohnte Verhaltensweisen zu durchbrechen und nachhaltigere Konsumentscheidungen zu fördern. „Nudging“ – übersetzt „Anstupsen“ – ist bekannt in der Verhaltensforschung und beschreibt das Setzen von behutsamen Anreizen, um Menschen zu motivieren eine bestimmte Verhaltensweise zu verändern. Im Hinblick auf die zunehmende gesellschaftliche Offenheit nachhaltiger und ethischer zu konsumieren, eröffnen sich Möglichkeitsfenster für „Green Nudging“ auch innerhalb der Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW).  So setzten sich Kreativschaffende beispielsweise schon lange mit dem Design nachhaltiger Produkte oder der Integration ökologischer Konzepte in Betriebsprozesse auseinander.

Die KKW schafft Angebote für den Nachhaltigkeitswandel

Fest steht, der Wunsch nachhaltiger zu konsumieren wächst, vor allem bei den jüngeren Generationen. Die erwachsen gewordene Generation Z ist aufgeschlossen für neue Formen des Wirtschaftens und des Konsums. Für Green Nudging ist neben der Qualität der Produkte die authentische Vermittlung wichtig, eine Kernkompetenz der KKW. Viele Kreativunternehmer*innen haben sich dem wertegetriebenen Unternehmertum verschrieben. Oftmals sind nicht nur die Produkte nachhaltig produziert, sondern auch Sinn und Zweck des Unternehmens sowie Unternehmensstrukturen folgen ethischen und ökologischen Prinzipien. Hier hat die KKW als Trendsetterin nicht nur die Möglichkeit mehr Konsument*innen mit ihren Produkten zu erreichen, sondern auch zum Umdenken zu bewegen und damit zum Nachhaltigkeitswandel beizutragen.

Beispiele für Green Nudging in der KKW

Die Firmen Hubbub und CommonWorks aus London haben sich mit ihrem Produkt „Ballot Bin – Wahlurne“ dem Thema saubere Stadt verschrieben. Der Ballot Bin ist ein Zigaretten-Mülleimer, der mit einer Frage versehen ist. Raucher*innen können durch den Einwurf ihrer Zigarette ihre Stimme abgeben. David Hasselhoff oder Reinhard May? – so macht Müllentsorgung Spaß.

Ein weiteres Beispiel ist die App StatusPlus Blutspende aus Kiel. Hinter der digitalen Anwendung steht die Ideen, Blutspenden so einfach wie möglich zu machen und Interessierte zum Spenden zu motivieren. Spender*innen erhalten hilfreiche Informationen und werden darüber benachrichtigt wann und wo sie das nächste Mal spenden können. Die Unternehmer*innen wurden 2020 mit ihrer Idee als Kultur- und Kreativpiloten ausgezeichnet.

TUTAKA ISLAND ist eine Kommunikations- und Designagentur aus Hamburg, die Kund*innen unterstützt Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und Marken authentisch zu kommunizieren. Dadurch können Zielgruppen individueller angesprochen und „angestupst“ werden.

 

Wer kennt es nicht aus der Schule, der Ausbildung oder der Uni, die Motivation zum Lernen ist dann am höchsten, wenn der Stoff mehr ist als stumpfe Wissensvermittlung – wenn er spannend erzählt ist und unterhält. Der Trend Edutainment könnte die formale Wissensvermittlung transformieren.  Edutainment ist eine Wortneuschöpfung aus Education, Bildung und Entertainment, Unterhaltung. Edutainment beschreibt den Trend, Wissen mithilfe neuer und digitaler Medien und Techniken unterhaltsam zu vermitteln. Es geht immer mehr darum, Erlebniswelten und -räume für die Lernenden zu schaffen. Beispielsweise erklären Lern-Apps Schüler*innen auf unterhaltsame Weise Unterrichtsstoff und motivieren durch aktivierende Spiele.

Edutainment und die Perspektive der Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Kultur- und Kreativwirtschaft spielt beim Edutainment eine wichtige Rolle. Kreative Methoden und Formate zur spielerischen Vermittlung von Wissen sind eine originäre Kompetenz der Kultur- und Kreativwirtschaft, die in verschiedenen Teilmärkten von der Software- und Games Industrie und Filmwirtschaft bis zum Rundfunkmarkt zum Einsatz kommt. Von der steigenden Nachfrage können Kreativschaffende in den Bereichen der Content-Creation oder der Umsetzung technischer Lösungen profitieren. Beispielsweise erfreuen sich Animationsfilmer*innen über einen erhöhten Auftragseingang bei Erklärvideos. Entwickler*innen von Lern-Apps vervielfachten im Jahr 2020 die Zahl ihrer Kund*innen.

Was bedeutet Edutainment für die Zukunft?

Längst hat die Digitalisierung auch Einzug in das Bildungswesens gehalten. Der Trend Edutainment setzt diese Entwicklung fort und fügt sich damit in den Wandel des Bildungswesens ein. Wenn Bildungsinstitutionen – Schulen, Universitäten, Fortbildungsinstitute – Edutainment in ihre Curricular integrieren, könnte spielerische Wissensvermittlung mit digitalen Medien zum Mainstream werden. Für die KKW bietet sich durch Edutainment ein wichtiger Wachstumsmarkt.

Beispiele für Edutainment

Das Anwendungsspektrum für Edutainment ist breit gefächert, vom schulischen und universitären Lernumfeld bis hin zu Angeboten im Bereich der Selbst- und Weiterbildung. Die Lern-App „Anton“ animiert Grundschulkinder zum ungezwungenen Lernen.

Mit „Insight Heart“ explorieren Medizin-Studierende im virtuellen Raum die Funktionsweisen des Herzens.

In der Aus- und Weiterbildung setzen Unternehmen Quiz-Apps ein, um ihre Mitarbeiter*innen in Kundengesprächen zu schulen oder über neue Betriebsabläufe aufzuklären. So setzt Beiersdorf Edutainment ein, um bei Apotheker*innen die Beratungskompetenz über ihre Hautpflegeprodukte zu erhöhen.

 

Künstliche Intelligenz (KI) – Fast so kreativ wie ein*e Komponist*in?  KI-Systeme sind mittlerweile so weit entwickelt, dass sie nicht nur bei der rein technischen Verarbeitung von Informationen eingesetzt werden, sondern auch eigene schöpferische Kompetenzen entwickeln, etwa bei der Schaffung neuer Musikstücke. Für Kreativschaffende bieten sich viele neue Möglichkeiten, beispielsweise im Bereich der Koproduktion mit der KI neue Werke zu schaffen.

Künstliche Intelligenz als Komponist*in und die Perspektive der KKW

Ganz selbstverständlich unterstützen KI-Systeme die KKW bei der Ausführung nicht-kreativer Tätigkeiten: KI hilft dabei, Inhalte effektiver auf das Publikum auszurichten zum Beispiel in den Mediatheken von Spotify oder Netflix, Arbeitsprozesse zu optimieren und die mediale Qualität von Daten zu verbessern. Aus vielen Produktionsprozessen ist sie nicht mehr wegzudenken.

Neu ist der Bereich der kreativen Tätigkeiten, in denen KI als eigenständige schöpferische Instanz, etwa als Co-Autorin an der Seite einer Künstlerin auftritt: Für Schaffung eines Musikstücks durch Künstliche Intelligenz werden komplexe Lern-Algorithmen, so genannte neuronale Netze, eingesetzt. Ähnlich wie das menschliche Gehirn müssen neuronale Netze mit großen Datenmengen trainiert werden: Die KI verarbeitet unzählige Kompositionen, leitet Muster ab, reproduziert sie und kombiniert sie neu. Dadurch entwickelt die KI eine Reihe einzigartiger Werke, losgelöst vom menschlichen Einwirken.

Welche Bedeutung hat die Anwendung von KI im Musikbereich für die Zukunft?

Wenn die Künstliche Intelligenz zur Komponistin wird, stellt sich die Frage nach der rechtmäßigen Autor*innenschaft des entstandenen Werkes. Ist es die Programmierer*in, die den Algorithmus geschaffen hat, ist es die Musiker*in, deren Texte verwendet wurden oder ist es die KI selbst. Das Beispiel zeigt, dass durch die schöpferischen Möglichkeiten der KI neue kreative Potenziale freigesetzt werden und Songwriting demokratisieren könnte. Gleichzeitig könnte das sowieso schon brüchige System geistiger Eigentumsrechte – durch das viele Künstler*innen ihr Einkommen bestreiten – weiter erodieren.

Beispiele für Künstliche Intelligenz als Komponist*in

2020 starte der erste KI Song Contest, der sich an das Format des Eurovision Song Contest anlehnt. Im Rennen waren 38 Songs von Teams aus der ganzen Welt. Die meisten Beiträge wurden in Co-Autorenschaft mit KI komponiert. Einige Teilnehmer*innen hatten zuvor keine oder kaum Songwriting-Erfahrung. Die Veranstalter*innen aus den Niederlanden möchten mit dem Wettbewerb die Debatte um KI in der Musik einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Dass der Einsatz von KI bei der Generierung von Musik zu Konflikten führen kann, zeigt folgendes Beispiel: Der Rapper Jay-Z wollte ein Youtube-Video entfernen lassen, in dem mithilfe einer KI seine Stimme verwendet wurde, um Shakespeare-Gedichte vorzutragen. Seine Bemühungen gegen den Audio-Deepfake blieben ohne Erfolg.

 

 

Wie viele digitale Abos haben Sie im letzten Jahr (probeweise) abgeschlossen? Der Zugang zu abonnement-basiertem Content war noch nie so leicht wie heute. Flexibler Zugang zu Produkten und Dienstleistungen wird für Konsument*innen immer wichtiger. Auch für die KKW eröffnen sich durch neue Ausprägungen des Abonnement-Modells neue Geschäftsmodelle. Seinem Ursprung im Pressemarkt entwachsen, findet das Abo-Modell mittlerweile auch in anderen Teilmärkten der Kreativwirtschaft Anwendung: Abonnieren lassen sich nicht nur Zeitungen, sondern auch exklusive Inhalte von Musiker*innen bis hin zur Mode. Der Trend heißt Subscription Economy und beschreibt Unternehmen, die ihre Geschäftsmodelle am Abonnement-Prinzip ausrichten. Im Abonnement-Modell wird der Zugang zu digitalen und physischen Produkten oder Dienstleistungen im Austausch gegen regelmäßige Abonnement-Einnahmen angeboten.

Subscription Economy und die Perspektive der KKW

Für die KKW ist Subsciption Economy ein Wachstumsmarkt. Analysen zeigen, dass abonnement-basierte Unternehmen während der Corona-Pandemie sich als resilienter erweisen und ihren Abonnent*innenstamm aufrechterhalten oder ausbauen können. Die Absicherung durch kontinuierliche Abonnement-Erlöse machen sich neben großen Unternehmen der KKW verstärkt auch Kreativschaffende und Kulturinstitutionen unterschiedlichster Teilmärkte zu eigen. Dabei wird aktuell auf kommerzielle Plattformangebote zurückgegriffen.

Was bedeutet Subscription Economy für die Zukunft?

Das Abonnement-Modell greift den langfristigen Trend zum flexibilisierten Konsum auf, in dem der Zugang zu Produkten und Dienstleistungen wichtiger wird als der Besitz. Damit könnte das Abonnement-Modell auch in weiteren Wirtschaftssektoren Einzug halten. Die KKW kann ihr Wissen über Geschäftsmodellanpassungen durch Abo-Modelle mit der Gesamtwirtschaft teilen und cross-sektorale Zusammenarbeit fördern. Dadurch können gesamtwirtschaftliche Wettbewerbsvorteile entstehen und genutzt werden.

Beispiele von Subscription Economy

Abo-Modelle finden mittlerweile in vielen Teilmärkten Anwendung: von der Musikwirtschaft, der Designwirtschaft bis hin zur Software-Games Industrie. Die Heavy Metal Band Metallica gilt als erste Abo-Band. Für einen Abonnementpreis konnten Fans alle oder einige Metallica-Shows ihrer Tournee besuchen. Beim Online-Dienst „Rent the Runway“ können Designerkleider für 4-8 Tage gegen ein monatliches Entgelt gemietet werden. Das Viveport-Abonnement stellt das weltweit erste VR-App-Abonnement dar. Gegen eine monatliche Zahlung haben Kunden*innen Zugang zu einer Bibliothek mit kuratierten Inhalten. Sie erhalten unbegrenzten Zugriff auf die von ihnen ausgewählten Apps oder können ihre Auswahl jeden Monat rotieren lassen. Mittels raumbezogener Tracking-Technologie wird es Benutzer*innen ermöglicht, physisch und emotional in das Produkt einzutauchen und auf dem Everest zu wandern, Museen zu besuchen oder zum Mars zu reisen.