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Martin Kaelble (Capital) über werteorientierte Ökonomie:

"Schon jetzt ist der Begriff „Impact“ eines der großen neuen Wirtschafts-Narrative. Lange war dies ein Nischen-Thema, etwas für Idealisten, Gutmenschen und Weltverbesserer. Doch wir erleben derzeit, wie „Impact“ im Mainstream ankommt. Diese Entwicklung wird nicht nur durch Politik und Regulierung getrieben. Die Anreize dafür entstehen auch durch Marktmechanismen selbst. Durch Konsumenten, die – speziell in einer jüngeren Generation – viel bewusster kaufen."

(Mehr dazu in seinem Kommentar "Eine feine Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Werten")

Klimawandel, wachsende Ungleichheit, Armut und Migration, Populismus und autokratische Tendenzen – die Zahl der Herausforderungen in den kommenden Jahren ist enorm. Politik und Zivilgesellschaft wird dies nicht allein schaffen. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, wird sich auch die Wirtschaft verändern müssen. Ein Prozess, der gleichwohl längst im Gange ist. Ganz gleich, ob es um Social-Entrepreneurship-Initiativen geht, um den milliardenschweren Green New Deal der EU, um die Frage von Facebook und dessen Umgang mit Fake News, um die wachsende Zahl an nachhaltigen Produkten in den Regalen der Supermärkte oder nachhaltige Finanzprodukte in den Portfolios von Vermögensverwaltern – die Indizien für diesen Wandel sind unübersehbar. Was allein die stetige Dekarbonisierung der Wirtschaft in den kommenden Jahren angeht, so sprechen manche Experten bereits von der vielleicht größten Transformation der Wirtschaft zu Friedenszeiten in der Menschheitsgeschichte.

Keine Frage: Schon jetzt ist der Begriff „Impact“ eines der großen neuen Wirtschafts-Narrative. Lange war dies ein Nischen-Thema, etwas für Idealisten, Gutmenschen und Weltverbesserer. Doch wir erleben derzeit, wie „Impact“ im Mainstream ankommt. Diese Entwicklung wird nicht nur durch Politik und Regulierung getrieben. Die Anreize dafür entstehen auch durch Marktmechanismen selbst. Durch Konsumenten, die – speziell in einer jüngeren Generation – viel bewusster kaufen. Durch institutionelle Finanzinvestoren, die zum Beispiel Aktien von Unternehmen mit erdöl-basierten Geschäftsmodellen für ihre Portfolios mittelfristig als riskant einstufen, aus einer profitorientierten Markteinschätzung heraus – und damit Signale aussenden, die die gesamten Finanzmärkte beeinflussen können.

Generell gilt: Profitorientierung und Nachhaltigkeit müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen. Ein ganzheitlicher Ansatz eines Unternehmens – Natur, Mensch und Gesellschaft in Einklang zu bringen – zahlt sich heutzutage eher aus als noch vor einigen Jahren. Weil immer mehr Konsumenten diese Art von Unternehmen und Produkten mehr zu schätzen wissen. Aber auch die eigenen Mitarbeiter dies honorieren – was zu höherem Engagement führen kann. Und schließlich wie beschrieben auch zunehmend Investoren.

Schon jetzt ist der Begriff „Impact“ eines der großen neuen Wirtschafts-Narrative. Lange war dies ein Nischen-Thema, etwas für Idealisten, Gutmenschen und Weltverbesserer. Doch wir erleben derzeit, wie „Impact“ im Mainstream ankommt. Diese Entwicklung wird nicht nur durch Politik und Regulierung getrieben. Die Anreize dafür entstehen auch durch Marktmechanismen selbst. Durch Konsumenten, die – speziell in einer jüngeren Generation – viel bewusster kaufen.

Zugleich ist es jedoch auch eine Kunst, diese feine Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Werten zu finden. Hätte Beyond Meat die Kraft, die gesamte globale Fleischindustrie zu disrupten, wenn es als Geschäftsmodell nicht skalieren würde? Zugleich bietet genau das Beispiel Beyond Meat einiges an Diskussionsstoff. Skalierung bedeutet eben immer auch Pragmatismus.

In den letzten Jahren haben wir die erste Welle an Impact-Startups und Impact Investing gesehen. Diese Phase war geprägt von Pionieren, Idealisten und vom Geist her eher „nonprofit-artigen“ Ansätzen. In diesem Jahrzehnt wird sich das ändern. Sowohl was die Investorenseite als auch was die Gründer und Produkte angeht, werden ganz neue Akteure in den Bereich strömen. Dann könnte sich die neue „Impact-Wirtschaft“ grob vereinfacht in drei Gruppen unterteilen: Die Pioniere und Idealisten, mit einem eher puristisch-dogmatischen Ansatz, deren Produkte in der Folge vermutlich jedoch wirtschaftlich nicht ganz so erfolgreich sein werden und unter Umständen nicht skalieren. Zweitens die Trittbrettfahrer, die eher aus der klassischen Wirtschaft kommen und sich mitunter das Impact-Label aufkleben – Stichwort „Greenwashing“ – weil sie merken, dass in diesem Bereich Geld eingesammelt und Geld gemacht werden kann. Schließlich eine dritte Gruppe: Gründer, Produkte und Firmen, absolut aus Überzeugung handeln, aber auch profit-getrieben, markttauglich und skalierbar sind. Für diese Gruppe gibt es schon jetzt zahlreiche Beispiele. Und alle bewegen sich stets in einem Spannungsfeld aus Werten und Idealen auf der einen Seite – und Wirtschaftlichkeit und Skalierungswillen. Mitunter bewegt man sich hier auf einem sehr schmalen Grat als Unternehmer oder Manager.

Um wirklich etwas zu bewegen, ist es wichtig, sich in dieses schwierige, unbequeme Spannungsfeld zu begeben – das Idealisten oft Kompromisse abverlangt. Doch eines sollte uns allen klar sein: So groß wie die Herausforderungen sind, die vor uns liegen, so sehr muss Skalierung, Größe und Geschwindigkeit auch im Impact-Bereich eine Rolle spielen. Vereinfacht ausgedrückt: Wirtschaft ohne Impact ist kaum noch zeitgemäß – Impact ohne Wirtschaft wiederum nicht effektiv genug.


Über Martin Kaelble

Martin Kaelble hat mehrere Jahre als Redakteur bei der Financial Times Deutschland im Berliner Politik-Büro/ Ressort Weltwirtschaft, sowie Freelance für die Deutsche Welle gearbeitet – bevor er 2013 Teil des Relaunch-Teams von Capital wurde und mitgeholfen hat, das Magazin neu zu konzipieren. Seitdem war er zunächst Redakteur und Ressortleiter Leben bei Capital und ist heute Digitalchef und Redaktionsleiter von capital.de.

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Text: Martin Kaelble

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