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Damit die Zukunft beginnen kann

Unsere Städte müssen und werden sich verändern. Die Kultur- und Kreativwirtschaft kann diese Transformation begleiten und gestalten. Im Dossier "Urbane Zukunft durch Kultur- und Kreativwirtschaft" stellt das Kompetenzzentrum 10 Beispiele aus der Praxis vor.

Cluj-Napoca in Rumänien und Guimarães in Portugal trennen rund 2.500 km Luftlinie. Auf den ersten Blick zwei grundverschiedene Städte. Guimarães im äußersten Westen Europas, eine Stadt mit langer Tradition in der Mode- und Textilindustrie, im Osten Cluj-Napoca als aufstrebendes IT-Zentrum in Rumänien. Was haben diese Städte an zwei Enden Europas gemeinsam?

Sie haben aktiv daran gearbeitet, dass ihre Zukunftsvision von einer kreativen und innovativen Stadt Wirklichkeit wird. Sie haben erkannt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft Teil der Lösung für ihre Probleme und Herausforderungen sein kann. Dabei sind diese Herausforderungen ganz individuell: Die eine Stadt hatte über Jahrzehnte hinweg mit der Deindustrialisierung und Abwanderung qualifizierter Fachkräfte zu kämpfen, die andere befindet sich im rasanten Wandel und erlebt einen Aufschwung, den es zu moderieren gilt.

Dass Kultur- und Kreativwirtschaft für Städte mehr sein kann und mehr ist als kreative Zwischennutzung von Freiflächen, zeigen diese und acht weitere Beispiele des Dossiers „Urbane Zukunft durch Kultur- und Kreativwirtschaft“. Dass sich emotionales und identitätsstiftendes Storytelling durch Akteur*innen der Kultur- und Kreativwirtschaft ebenso wie ein zentrales Clustermanagement, das zwischen Kreativen und IT-Branche vermittelt, nachhaltig auszahlt, beweisen Guimarães und Cluj-Napoca.

In den 1970er-Jahren schrieb der Soziologe Niklas Luhmann: „Die Zukunft kann nicht beginnen.“ Und zwar könne sie deshalb nicht beginnen, weil wir ständig im Gegenwärtigen verhaftet blieben. Das, was wir gemeinhin als Zukunft bezeichneten, sei immer nur ein Abbild unseres gegenwärtigen Denkhorizontes – die tatsächliche Zukunft im Sinne einer „zukünftigen Gegenwart“ bliebe für uns ungreifbar. Wie wir allerdings beim Blick nach Cluj-Napoca und Guimarães sehen, haben wir es in der Hand, dass aus unseren gegenwärtigen Zukünften zukünftige Gegenwart wird. Wir müssen die Funktion des urbanen Raums jetzt neu denken. Jetzt müssen die Möglichkeitsräume entstehen, um unsere Städte langfristig und nachhaltig zu gestalten.

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Wenn der Mensch wieder Zeit im Zentrum verbringen soll, dann muss er auch ins Zentrum gestellt werden.

Julia Köhn, Projektleitung des Kompetenzzentrums Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes

Nicht erst seitdem die Pandemie die Innenstädte leergefegt hat, drängt sich die Frage nach ihrer zukünftigen Funktion auf. Wir müssen uns fragen, was unsere Städte noch für uns sein können und sollen, wenn sich ihre traditionellen Funktionen – wie das Einkaufen und Arbeiten – in die analoge und digitale Peripherie verlagern. Dass das Konzept von Stadt als sozialem und kulturellem Ort nicht überholt ist, haben uns die ersten Wochen nach Lockerungen der Corona-Maßnahmen gezeigt. Es gibt eine Sehnsucht nach der Stadt als Ort der Gemeinschaft: Die Nachfrage ist also da – jetzt wird es Zeit auch neue Angebote zu schaffen.

Die Situation des Handels wird dabei sicherlich nicht die einzige Herausforderung bleiben. Wohnen und Arbeiten und die damit verbundene Nutzung von Flächen, die Digitalisierung, die Frage nach Mobilität im urbanen Raum – all das muss als ganzheitliches Ökosystem verstanden werden. Dafür – das lehrt die gesamteuropäische Perspektive – braucht es eine Erzählung: „Wenn der Mensch wieder Zeit im Zentrum verbringen soll, dann muss er auch ins Zentrum gestellt werden“, sagte Projektleiterin Julia Köhn kürzlich.

Aus diesem Grund findet vom 16.-18. September das Innovation Camp 2021 zum Thema Innenstädte statt. Mehr zu  UMPFLASTERN – Neue Wege zur lebendigen Innenstadt finden Sie hier.

Und vielleicht kann die Zukunft dann doch noch beginnen.

Credits

Text: Alina Rathke

Fotos: Unsplash, Mina Gerngross

Anstehende Veranstaltungen

  1. Sommerpavillon der Kultur- und Kreativwirtschaft

    21. Juni - 4. Oktober

Credits

Text: Alina Rathke

Fotos: Unsplash, Mina Gerngross

Künstliche Intelligenz als Werkzeug von Kreativen

Die fortschreitende Digitalisierung verändert tiefgreifend, wie wir leben, arbeiten und auch politisch partizipieren. Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist, sowohl die politische Teilhabe zu stärken als auch die Demokratie vor digitalen Bedrohungen zu schützen.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird beispielsweise kreative Teilhabe für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich, indem komplexe Werkzeuge und Techniken auch ohne tiefe Fachkenntnisse genutzt werden können. KI ermöglicht es Menschen aus verschiedenen Hintergründen, ihre kreativen Ideen zu verwirklichen und neue Formen der künstlerischen Zusammenarbeit zu erkunden. Das fördert die Vielfalt und Innovation in der kreativen Landschaft. Gleichzeitig stellt diese Entwicklung die traditionellen Vorstellungen von Urheberschaft und Originalität infrage, da KI-gestützte Kreativität zunehmend die Grenze zwischen menschlicher und maschineller Schöpfung verwischt.

Auch die Fragen, was Kreativität bedeutet und wo die Kernkompetenzen der Kreativschaffenden liegen, werden an Wichtigkeit gewinnen und ihre Antworten sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringen. KI ist auf dem heutigen Stand eher nicht „kreativ“ – aber sie verändert kreative Prozesse. Sie kann Kreativschaffende in ihrer Kreativleistung unterstützen, sie erweitern und als Inspirationsquelle dienen.

In unserer Kurzreportage sprechen wir mit den Künstlern Julian van Dieken und Roman Lipski über das Potenzial von KI als künstlerische Muse und Werkzeug, das neue Zugänge und Innovationsprozesse ermöglicht.