Mazen Hayek, Middle East Broadcast Corporation
Die Bilder sind vertraut. Ein Ausschnitt aus einem Song Contest; die Szenen kennt man von „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Voice of Germany“. Mitfiebernde Eltern und Geschwister im Publikum. Das entfesselte Kreischen beim Urteil der Jury. Tränen der Freude und Enttäuschung. Aber einiges irritiert dann doch. Dieter Bohlen ist nicht dabei. Die Leute im Publikum haben alle dunkle Haare. Und die Musik klingt seltsam fremd.
Als es wieder hell wird im Saal, ist die Stille fast greifbar. „Dieses Mädchen, das Sie gerade gehört und gesehen haben, musste vor dem Terror des IS aus dem Irak fliehen“, erzählt Mazen Hayek, PR-Direktor des in Dubai beheimateten Medienkonzerns Middle East Broadcast Corporation. „Und dann hat sie an diesem Wettbewerb teilgenommen und vor mehr als 100 Millionen Fernsehzuschauern gesungen – sie, das jesidische Flüchtlingskind.“ Den ganzen Tag habe er aufmerksam die Diskussion darüber verfolgt, wie die Kultur- und Kreativwirtschaft Impact erzeugen kann. „Genau das tun wir täglich mit unserem Fernsehprogramm“, sagt er. „Wir versuchen, Menschen ein Stück Hoffnung zu geben – auch wenn ihre Lage verzweifelt erscheint.“ Hayek lässt seinen Blick durch die Reihen wandern. „Ich höre, dass viele von Ihnen frustriert sind, weil Europa in der Krise steckt.“ Pause. „Wie wollen Sie das den 350 Millionen Menschen im Mittleren Osten erklären, von denen viele seit Jahrzehnten nur Krieg, Armut, Terrorismus, Verwüstung und Zerstörung kennen?“
Mit eindringlicheren Worten hätte eine Internationale Fachkonferenz über die Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) kaum zu Ende gehen können. Rund 200 Teilnehmer – Akteure der Branche aus dem In- und Ausland, Vertreter öffentlicher und privater Institutionen, Politiker und Wissenschaftler – hatten sich am 30. Oktober 2018 zu einer vom Kompetenzzentrum Kultur- und Kreativwirtschaft des Bundes durchgeführten Tagung mit dem Titel „Kreative Wirkungskraft“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingefunden. „What if? – Was wäre, wenn die Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa da wäre, wo wir sie gern hätten, so wertgeschätzt wie beispielsweise die Technologiebranche?“, formulierte Sylvia Hustedt, Projektleiterin im Kompetenzzentrum, das Ziel der Standortbestimmung. „Und was müssen wir tun, um dort hinzukommen?“