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Remote-Work als Lösung für den Fachkräftemangel?

Fachkräfte sind gerade für junge Startups in der Kultur- und Kreativwirtschaft ein Schlüsselfaktor. Wer mitten in der Corona-Pandemie gegründet hat, musste sich etwas einfallen lassen – und oft von Tag eins auf das Prinzip „Remote first“ setzen. Was das Thema Fachkräftemangel angeht, war das von Vorteil. Aber es bringt zugleich andere Herausforderungen. Ein Kommentar von Martin Kaelble, ehemaliger Digitalchef von CAPITAL und Gründer von informed.

Seit Jahren kennen wir das Thema Fachkräftemangel in Deutschland. War es vor einem Jahrzehnt noch eher abstraktes Schreckgespenst für die Zukunft, das man aus Talkshow-Runden kannte, ist es mittlerweile für viele längst ein greifbares Problem im unternehmerischen Alltag, auch für Startups und Kultur- und Kreativunternehmer*innen.

Alle, die einmal großartige Mitarbeiter*innen aus dem Nicht-EU-Ausland einstellen wollten, kennen das Problem. Ob es nun Programmierer*innen aus Kasachstan oder der Türkei sind oder einfach nur ein*e Designer*in aus Südamerika oder Australien: Es bestehen immer noch viele bürokratische Hürden. Gerade für kleine Unternehmen, wie es sie in der Kultur- und Kreativwirtschaft zuhauf gibt, sind diese aufwändigen Prozesse oft sehr schwer zu schultern. Ausländische Fachkräfte und Kleinunternehmer*innen – ein Kopfschmerzthema.

Dann kam Corona. Remote-Work wurde plötzlich gezwungenermaßen zum „New Normal“. Auf einmal ist es gar kein Problem und ganz normal, dass man seine Mitarbeiter überall auf der Welt findet – und auch beschäftigt. Und plötzlich stellt sich die Frage: Ist das vielleicht eine mögliche Lösung, ein Gamechanger für das Thema Fachkräftemangel? Was, wenn man die Fachkräfte gar nicht mehr zu sich ins Land holen muss? Sondern man sie einfach da beschäftigen, wo sie leben? Alle bürokratischen Hürden, all die politische Komplexität rund ums Thema Fachkräftezuzug, auf einmal gelöst?

Nun, ganz so einfach ist es nicht. Aber zumindest in einigen Fällen ist Remote-Arbeit gerade für kleinere Unternehmen und Projekte vielleicht eine gute Lösung. Man sollte dabei gleichwohl vornherein ein paar Dinge im Blick behalten.

Was, wenn man die Fachkräfte gar nicht mehr zu sich ins Land holen muss? Sondern man sie einfach da beschäftigen, wo sie leben? Alle bürokratischen Hürden, all die politische Komplexität rund ums Thema Fachkräftezuzug, auf einmal gelöst?

Auf der Hand liegt, dass keine aufwändigen Visa- und Arbeitserlaubnisverfahren erforderlich sind und die Mitarbeiter weiterhin in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Aber auch die Einstellung im Remote-Kontext bringt juristischen und administrativen Aufwand mit sich und birgt einige Fallen. Damit sollte man sich als Gründer*in frühestmöglich auseinandersetzen. So muss man sich zum Beispiel mit den unterschiedlichen Arbeitsgesetzen und Steuervorschriften der Länder, in denen die Mitarbeiter*innen tätig sind, auseinandersetzen. Es ist ratsam, sich von Expert*innen beraten zu lassen, um mögliche rechtliche Probleme zu vermeiden. Und Achtung: Auch hier sollte man Kosten einplanen. Dieses anfängliche Investment kann sich durchaus lohnen.

Ist die Anstellung geschafft, gibt es weitere Dinge, die bei einer Remote-Anstellung von Fachkräften im Ausland beachten sollte: Bei der Zusammenarbeit mit internationalen Teams können Zeitverschiebungen zu Schwierigkeiten führen. Klingt banal, aber hier erfordert es Anpassungen der Strukturen und Prozesse, die manch einer anfangs unterschätzt. Es ist wichtig, flexible Arbeitszeiten und regelmäßige Meetings zu organisieren, um eine gute Kommunikation zu gewährleisten. Es braucht eine gewisse Bewusstheit und Adoptionsbereitschaft, um das Ganze wirklich flüssig hinzubekommen.

Das gilt auch für den Fakt, dass viel mehr Arbeitszeit digital and virtuell stattfindet. Immerhin: ohnehin eine Herausforderung für fast jedes Unternehmen heutzutage. Und wir hatten nun zwei Jahre Zeit, um hier kollektiv Erfahrungen zu sammeln, aus Fehlern zu lernen – und haben idealerweise bereits einige Wege gefunden seit der Pandemie, wie man eine hybride Arbeitswelt möglichst gut gestaltet. Insofern sollte dies Remote-Einstellungen eigentlich nicht mehr im Weg stehen. Es braucht dennoch die Bereitschaft aller, daran zu arbeiten, sich daran anzupassen und gerade auch auf die Teile des Teams Rücksicht zu nehmen, die nicht an einem Ort sind.

Am schwierigsten bleiben im Remote-Kontext die Themen Team-Spirit und Konfliktbewältigung. Während in hybriden Teams physische Treffen wenigstens ab und zu möglich sind, ist dies bei Fachkräften, speziell im fernen Ausland, natürlich eine Spur herausfordernder. Wie baut man ein Team-Gefühl auf, wenn man sich vielleicht noch nie physisch begegnet ist? Wie löst man kleine Konflikte, die sich normalerweise ganz leicht beim gemeinsamen Bier oder Grillabend beseitigen lassen? In dieser Hinsicht birgt die Remote-Lösung für Fachkräfte leider klare Challenges. Speziell wenn vielleicht noch kulturelle Unterschiede hinzukommen.

Dennoch, unterm Strich bietet Remote Work beim Thema Fachkräftemangel definitiv ganz neue Möglichkeiten. Man sollte freilich nicht davon ausgehen, dass dies eine völlig mühelose, reibungslose Alternative ist. Aber mit der richtigen Einstellung, einer vorausschauenden Herangehensweise, lohnt sich diese Option auf jeden Fall. Gerade auch für kleine Startups und Projekte der Kultur- und Kreativbranche.

 

Credits

Text: Martin Kaelble

Fotos: Pexels

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Credits

Text: Martin Kaelble

Fotos: Pexels

Cross Innovation mit der Kultur- und Kreativwirtschaft

Die aktuellen Herausforderungen sind so komplex und vielfältig, dass sie nicht von einzelnen Branchen oder Disziplinen allein gelöst werden können. Indem über Branchengrenzen hinweg zusammengearbeitet wird, können neue Ideen entwickelt, Wissen effektiv geteilt und Lösungen geschaffen werden, die nachhaltiger, umfassender und wirkungsvoller sind.

Cross Innovation wird dieser Ansatz bezeichnet, bei dem Innovationen durch den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Branchen und Disziplinen vorangebracht wird. Dazu kommen Akteur*innen aus unterschiedlichen Bereichen, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben können, zusammen. Sie teilen Wissen, Methoden und Perspektiven miteinander und entwickeln daran anknüpfend neue Lösungen. Durch die Vielfalt an Denkweisen und Kompetenzen werden neue Ideen und innovative Ansätze geschaffen, die in einzelnen Branchen alleine oft nicht entstehen würden und den komplexen Herausforderungen gerechter werden. Zum Beispiel können Methoden aus dem Design oder dem Storytelling auf technische Fragestellungen angewendet werden, um unkonventionelle Lösungen zu entwickeln, oder es werden in kultur- und kreativwirtschaftlichen Kontexten neue Anwendungen für technologische Innovationen aus der Industrie gefunden. Insgesamt hilft Cross Innovation dabei, das Potenzial von Branchen, Unternehmen und Projekten voll auszuschöpfen, indem sie neue Kooperations- und Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet.

Im Magazin beschäftigen wir uns mit der Frage, was Cross Innovation für Vorteile bringt, wo Hindernisse bestehen und wie diese überwunden werden könnten. Für unsere Kurzreportage haben wir daher sowohl Akteur*innen der Branche als auch Michael Kellner, Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur- und Kreativwirtschaft & Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz zu ihren Gedanken zu Cross Innovation befragt.