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Kreative Ideen und Inspirationen für eine Kulturbranche im Kreislauf

Der Besuch beim Kreislaufwirtschaftskongress begann für Wirtschaftsjournalist Andrew Blackman mit einem kleinen Zungenbrecher: Einem Titel, der, wie er schreibt, eigentlich alles über die Veranstaltung sagte. „Zirkulär in die Zukunft: Kreislaufwirtschaftskongress der Kultur- und Kreativwirtschaft” – nicht nur ein Titel, sondern seinen Augen ein Call to Action. Welche Gedanken und Ideen aus und für die Kultur- und Kreativwirtschaft ihm bei dem Kongress begegneten, hat er für unser Magazin zusammengefasst.

Es gibt im Bereich Nachhaltigkeit und Sustainability eine Menge zu tun in der Kulturwelt, und die Zeit wird immer knapper. Im Laufe des Tages gab es für die zahlreichen Delegaten mehrere Möglichkeiten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen – sei es bei einer Podiumsdiskussion auf der Bühne des beeindruckenden Amplifier-Gebäudes in Berlin Wedding, in einem der zahlreichen Workshops oder bei einem Live-Podcast vor Ort.

 

Unter anderem stand die Frage im Fokus, wie kreislauffähig die Kultur- und Kreativwirtschaft insgesamt ist. Die gute Nachricht: viele Leute in der Branche arbeiten daran. Aber Fakt ist, wir sind erst am Beginn der Reise. Nach Ansicht von Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, haben wir in Deutschland ein ganz grundsätzliches Problem in diesem Bereich. Denn es gebe kein anderes Land in der Europäischen Union, das so stark an den Preisen und so wenig an Nachhaltigkeit orientiert sei. „Das ist doch Irrsinn,” sagte er.

Glücklicherweise versuchen viele kreative Menschen, diese Situation zu ändern, und einige davon waren auch bei dieser Veranstaltung als Speaker anwesend. Im Laufe des Tages hatten sie die Möglichkeit, sich mit diesen wichtigen Themen zu beschäftigen und vielleicht einige Teilnehmer mit ihren Ideen zu inspirieren. Lisa-Marie Hobusch ist seit einem Jahr als künstlerische Produktionsleitung mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit an der Schaubühne tätig. In einer kleinen Runde mit anderen Leuten aus der Musik- und Theaterszene erläuterte sie, wie sie mit dem Thema Nachhaltigkeit umgeht. Im Bereich Touring versucht das Theater, immer effizienter zu werden, aber im eigenen Haus gibt es natürlich auch Sparmöglichkeiten. Für eine Aufführung der Schaubühne wurde beispielsweise eine Menge Sand auf der Bühne benötigt. Nach Ende der Spielzeit wurde der Sand nicht einfach entsorgt, sondern konnte an eine Reitschule zur Weiterverwendung vermittelt werden. „Ein kleines Beispiel, aber man muss sehr kreativ werden,“ sagte Hobusch.

Auch dabei war Katharina Wolf, die Mitgründerin von Clubliebe e.V. Seit 10 Jahren setzt sie sich für den Klimaschutz in der Clubszene ein, und hat in dieser Zeit eine Menge Erfahrungen gesammelt. Katharina erzählte, wie wichtig das Verhältnis zwischen dem Publikum und den Künstlerinnen und Künstlern sei, und wie es als Inspirationsquelle und Strahlkraft für andere Bereiche dienen könne. „Da können wir als Kultur- oder Kreativwirtschaft gute Punkte setzen,“ sagte sie.

In der nächsten Session ging es um zirkuläre Mode – insbesondere die Rolle, die mittelständische Unternehmen in Kooperation mit Designer*innen spielen können. Unter anderem waren zwei junge Vorreiter*nnen in Sachen nachhaltige Mode dabei. Mit seinem Modelabel Emeka stellt Sydney Nwakanma Kleidung aus upcycleten Stoffen her, während Natascha von Hirschhausen seit der Gründung ihres gleichnamigen Labels im Jahr 2016 einen praktischen und skalierbaren Ansatz für Zero-Waste-Design gezeigt hat. Wegen Dumping aus Europa hat Afrika fast keine eigene Textilindustrie mehr, erklärte Nwakanma. „Es ist erschreckend, weil der Kontinent mit Fremdkleidung so überschwemmt wird, dass die lokale Industrie komplett aus den Angeln gehoben wird und viele Schneiderinnen ihre Jobs verlieren.“ Aber er und seine Kollegen versuchen dagegenzuwirken. In Kenia und Ghana versuchen sie Stoffe zu finden – wie übergroße Kleidungsstücke oder sogar alte Vorhänge – die man noch weiter verwerten kann. Die neuen, einzigartigen Sachen, die sie daraus produzieren, werden dann in Europa über Nwakanmas eigene Website verkauft.

„Und so schließt sich der Kreis,“ sagte er.

Credits

Text: kreativ_admin_bund

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Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.

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Text: kreativ_admin_bund

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Wie trägt Kultur- und Kreativwirtschaft zu mehr Kreislaufwirtschaft bei?

Prinzipien aus der Natur abzuschauen hat schon viele Erfindungen hervorgebracht. Insbesondere Kreislaufsysteme der Natur sind Vorbilder für ein nachhaltigeres Leben. Die Umgestaltung unserer Wirtschaft zu einem kreislaufwirtschaftlichen System stellt jedoch eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, die nur branchenübergreifend und ganzheitlich gelöst werden kann. Im Unterschied zum deutschen Begriff „Kreislaufwirtschaft“, der sich auf den Umgang mit Abfall fokussiert, ist der englische Begriff „Circular Economy“ (also „zirkuläres Wirtschaften“) bereits viel weiter gefasst und betrachtet das gesamte Produktsystem. Hier geht es um durchdachte Kreisläufe von Anfang an, die bereits beim Design von Produkten beginnt.

Innovative Ideen und praktische Ansätze für zirkuläres Wirtschaften finden sich schon seit Jahren in der Kultur- und Kreativwirtschaft, zum Beispiel in der Architektur, im Produkt- und Materialdesign, der Film- und Veranstaltungsindustrie sowie dem Modemarkt. Viele Beispiele werden Sie in diesem Magazinschwerpunkt kennenlernen können

In unserer Kurzreportage zur Kreislaufwirtschaft haben wir diesmal mit Architekt*innen Sandra Düsterhus (Point.Architektur) und Martin Haas (haascookzemmrich) über die Ansätze bei ihren Projekten in der Außen- und Innenarchitektur gesprochen und was der Fokus auf Kreislaufwirtschaft auch für die Gestaltung bedeutet.