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Gründung im Krisenmodus

Das Umfeld für junge Firmen und Startups der Kreativ- und Kulturbranche bleibt ungemütlich. Nun sind besondere Fähigkeiten und Prinzipien von Gründer*innen gefragt. Ein Kommentar vom ehemaligen CAPITAL Redakteur und frischen Gründer Martin Kaelble.

Es sind fraglos keine leichten Zeiten für Startups, Kultur- und Kreativunternehmer*innen: Rezessionsgefahr, steigende Preise, steigende Kosten – Unternehmer*innen müssen sich in diesem Winter im buchstäblichen Sinne warm anziehen. „Schon wieder“, werden viele sagen, nachdem alle gerade dachten, die Corona-Krise sei vorbei. Schon ist die nächste Krise da. Es ist auch der Moment, wo Gründer*innen mit Produkten und Dienstleistungen kreativ auf gesellschaftliche Krisen reagieren müssen, was aktivierende ebenso wie hemmende Elemente bei einer Gründung haben kann.

Startups im Kultur- und Kreativbereich sind dabei besonders gefordert. Zum einen sind die Produkte und Dienstleistungen, die sie verkaufen, häufig solche, bei denen Menschen als erstes die Ausgaben kürzen. Zum anderen sind ihre Produkte und Services oft komplex und haben sehr spezielle, oft anspruchsvolle Zielgruppen. Für Startups kommt derzeit noch hinzu, dass die fetten Jahre angeblich vorbei sind. War es in den letzten Jahren verhältnismäßig leicht für Gründer*innen, Finanzierungen zu bekommen, so hat sich dies in diesem Jahr scheinbar geändert. Eine Folge der gestiegenen Zinsen und Rezessionssorgen, aber auch extremer Unternehmens-Bewertungen: Jahrelang schoss der Wert von Technologie-Unternehmen und Startups in die Höhe. Soweit nach oben, dass sich einige Beobachter*innen die Augen rieben und sich fragten, wie junge Startups ohne Revenue tatsächlich so viel wert sein können. In den USA spricht man bereits vom „Startup Winter“ nach Jahren des Booms. Und auch hier in Deutschland müssen viele Startups, die jahrelang auf hohen Bewertungen gebaut wurden und viel Geld ausgegeben haben, nun drastisch sparen und ihre Expansionspläne anpassen.

So hart das auf den ersten Blick klingt und zweifelsohne für viele Gründer*innen ist – es gibt Wege, wie mit dieser Art von Krisen umgegangen werden kann. Viele Unternehmer*innen sind möglicherweise sogar besser dafür gewappnet, als es ihnen selbst bewusst sein mag. Und was man in diesen vermeintlich harten Zeiten lernen kann, wird in der Zukunft sehr wertvoll sein. Jede Gründung ist in gewisser Weise eine persönliche unternehmerische Reise im Krisenmodus. Ständig tauchen neue Herausforderungen auf und Rückschläge gehören immer dazu, wenn man etwas wagt und Risiken auf sich nimmt. „Irgendwas ist immer“ – das dürften Kultur- und Kreativunternehmer*innen, Startup-Gründer*innen und Selbstständige wohl so unterschreiben. Ist ein Problem gelöst, taucht eigentlich schon wieder das nächste auf.

Die oft beschriebene Fähigkeit, immer wieder aufzustehen und nach Lösungen zu suchen, ist tatsächlich essenziell. Das lernt man als Unternehmer*in ganz von selbst. Es ist quasi Teil des Jobs. Als Unternehmer*in operiert man im Prinzip konstant außerhalb der eigenen Komfortzone.

Mit all dem umzugehen, mit dieser Unternehmer*innen-Realität im Reinen zu sein, ist unheimlich wichtig. Die oft beschriebene Fähigkeit, immer wieder aufzustehen und nach Lösungen zu suchen, ist tatsächlich essenziell. Das lernt man als Unternehmer*in ganz von selbst. Es ist quasi Teil des Jobs. Als Unternehmer*in operiert man im Prinzip konstant außerhalb der eigenen Komfortzone. Nur wenn man dies akzeptiert und sogar Gefallen daran hat, Probleme zu lösen – ist man erfolgreich und vor allem auch zufrieden als Unternehmer*in.

Der Vorteil: Man lernt automatisch exakt die Fähigkeiten, die für den Umgang mit Krisen wie jetzt gebraucht werden. Auch in konjunkturell ruhigeren Zeiten als momentan. Daher kommen Unternehmer*innen oft mit Krisensituationen besser klar als jene, die es gewohnt sind, in der Komfortzone zu bleiben und durch Krisen dann unangenehm aus eben jener gerissen werden. Kein Hadern, sondern Akzeptanz der Dinge, wie sie sind, und Lust am Finden neuer Wege. Flexibel bleiben, bereit sein zu improvisieren und sich immer wieder auf neue Situationen einzustellen. Eine große Leidenschaft für die Themen der eigenen Unternehmung helfen ebenfalls. All das sind Fähigkeiten, die speziell Unternehmer*innen im Umfeld der Kultur- und Kreativwirtschaft gelernt haben. Denn hier hat man es konstant mit herausfordernden Bedingungen und Gegenwind zu tun: sei es die genannte hohe Komplexität des eigenen Produkts, ohnehin stets schwierige Finanzierungsbedingungen, sehr anspruchsvolle Kund*innen, Remote-Work im Lockdown oder Ungewissheit bezüglich staatlicher Unterstützung, um nur einige zu nennen.

In der Startup-Szene gibt es das Sprichwort, dass in der Rezession die besten Unternehmen entstehen.

Was Mut macht in diesen Zeiten: In der Startup-Szene gibt es das Sprichwort, dass in der Rezession die besten Unternehmen entstehen. Als berühmtes Beispiel wird dafür oft Airbnb angeführt, das es ohne die Rezession 2008 und deren Umstände nie gegeben hätte. Der Gedanke dahinter: Gerade jetzt, wo die Sorge vor einer Rezession in der Wirtschaft umgeht, drängen die meisten Investor*innen ihre Firmen dazu, Ausgaben zu sparen. Die Tatsache, dass Startups nun mitunter schwerer an frisches Geld kommen, kommt noch dazu. Die Fähigkeit, besser zu haushalten, solider mit den Finanzen umgehen zu müssen, wird Unternehmer*innen enorm nutzen. Sie ist eine Chance für die soliden Gründer*innen, für die gut geführten Startups. Es ist nun wichtiger denn je, solide Finanzen zu haben, auf die Kosten zu achten, in einem gesunden Maß zu investieren. Diejenigen, die das ohnehin von Natur aus tun, sind nun im Vorteil in solchen Zeiten. Wenn man zudem zeigen kann, dass man mit weniger Ressourcen wachsen kann, dürfte das ebenfalls bei der Suche nach Finanzierung in der Zukunft helfen. Und im besten Fall bei einigen Kultur- und Kreativunternehmen sogar dazu führen, dass man vielleicht gar keine externe Förderung mehr braucht. Besonders Unternehmer*innen in der Kultur- und Kreativwirtschaft sind es ohnehin gewohnt, unter solch schwierigen Umständen zu bestehen. Das kann nun von Vorteil sein.

Gerade jetzt, wo die Sorge vor einer Rezession in der Wirtschaft umgeht, drängen die meisten Investor*innen ihre Firmen dazu, Ausgaben zu sparen. […] Die Fähigkeit, besser zu haushalten, solider mit den Finanzen umgehen zu müssen, wird Unternehmer*innen enorm nutzen. Sie ist eine Chance für die soliden Gründer*innen, für die gut geführten Startups.

Vergleicht man das damit, was man in den letzten Jahren in der Startup-Szene erlebt hat, wird das besonders deutlich. Startups, die in Boomzeiten um jeden Preis auf extremes Wachstum setzen mussten, sehen sich nun mit zum Teil drastischen Bewertungskürzungen konfrontiert, da der Markt nun die Rentabilität in den Vordergrund rückt. Für diese Art von Startups ist es derzeit nicht leicht. Für Startups mit einer solideren Basis hingegen und hoher Widerstandsfähigkeit schon eher. Wenn es einem Start-up gelungen ist, eine Rezession zu überleben, vielleicht sogar Wachstum während des Abschwungs zu erreichen, ist das der beste Beweis für Resilienz. Solche Unternehmer*innen werden es in der Zukunft nach der Krise leichter haben. Und sollte nach der Krise die nächste Krise kommen sowieso.

Credits

Text: Martin Kaelble

Fotos: Pexels

Anstehende Veranstaltungen

  1. Sommerpavillon der Kultur- und Kreativwirtschaft

    21. Juni - 4. Oktober

Credits

Text: Martin Kaelble

Fotos: Pexels

Künstliche Intelligenz als Werkzeug von Kreativen

Die fortschreitende Digitalisierung verändert tiefgreifend, wie wir leben, arbeiten und auch politisch partizipieren. Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist, sowohl die politische Teilhabe zu stärken als auch die Demokratie vor digitalen Bedrohungen zu schützen.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird beispielsweise kreative Teilhabe für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich, indem komplexe Werkzeuge und Techniken auch ohne tiefe Fachkenntnisse genutzt werden können. KI ermöglicht es Menschen aus verschiedenen Hintergründen, ihre kreativen Ideen zu verwirklichen und neue Formen der künstlerischen Zusammenarbeit zu erkunden. Das fördert die Vielfalt und Innovation in der kreativen Landschaft. Gleichzeitig stellt diese Entwicklung die traditionellen Vorstellungen von Urheberschaft und Originalität infrage, da KI-gestützte Kreativität zunehmend die Grenze zwischen menschlicher und maschineller Schöpfung verwischt.

Auch die Fragen, was Kreativität bedeutet und wo die Kernkompetenzen der Kreativschaffenden liegen, werden an Wichtigkeit gewinnen und ihre Antworten sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringen. KI ist auf dem heutigen Stand eher nicht „kreativ“ – aber sie verändert kreative Prozesse. Sie kann Kreativschaffende in ihrer Kreativleistung unterstützen, sie erweitern und als Inspirationsquelle dienen.

In unserer Kurzreportage sprechen wir mit den Künstlern Julian van Dieken und Roman Lipski über das Potenzial von KI als künstlerische Muse und Werkzeug, das neue Zugänge und Innovationsprozesse ermöglicht.