Der Kontext Blockchain, Übersicht Map

Die gute Idee: Komplexität zulassen

Im Zuge der COVID-19-Pandemie war und ist es eine große Herausforderung, den Überblick zu behalten. Das Kontextlab aus München, das 2019 auch als Kultur- und Kreativpiloten Deutschland ausgezeichnet wurde, hat eine digitale Wissenslandkarte zur Corona-Krise entwickelt, die die Komplexität des Themas zulässt und bei aller Informationsflut den Blick auf den großen Zusammenhang ermöglicht.

Julia Köberlein, Erich Seifert und Bernhard Scholz – die Gründer der Kontextlab GmbH

Julia Köberlein, Erich Seifert und Bernhard Scholz – die Gründer der Kontextlab GmbH

Wer zu einem komplexen und aktuellen Thema eine Haltung entwickeln und Zusammenhänge erkennen möchte, steht sicherlich nicht vor dem Problem, zu wenige Informationen zu bekommen – im Gegenteil. Traditionelle Medien übernehmen dabei häufig die Aufgabe, Nachrichten zu identifizieren, zu bündeln und zu verifizieren. Darüber hinaus präsentieren unzählige Kanäle und Medien ein solches Dickicht an Perspektiven, dass es User*innen bisweilen schwer fallen kann, zu unterscheiden, welche Informationen tatsächlich objektiv oder schlichtweg falsch sind, welche Aspekte wichtig sind – und welche durch die Begrenzung der eigenen Filterblase tatsächlich verloren gehen.

Das plötzliche Auftreten von Corona hatte in diesem Zusammenhang diverse Herausforderungen parat – insbesondere bei Sachverhalten, die auch für Expert*innen Neuland waren und erst Schritt für Schritt verstanden wurden und werden. Das Startup Kontextlab, das von Editorial Designerin Julia Köberlein, Redakteur Bernhard Scholz und Softwareentwickler Erich Seifert gegründet wurde, hat dies als neue Herausforderung begriffen – und erkannt, dass eine Form der Medienrezeption vonnöten ist, die dem Wunsch nach einer objektiven Informationsvermittlung nachkommt, dabei Komplexität nicht reduziert und dennoch für den Laien genügend Anschlussstellen bietet. Ihre Antwort darauf: Eine digitale Wissenslandkarte zur Corona-Krise.

 

„Als das Ganze losging, gab es in den Nachrichten Informationen wie neue Infektionszahlen, Todeszahlen und wie sich das Virus verbreitet“, erzählt Bernhard Scholz. Alles sehr medizinisch, sehr fachlich, sehr datengetrieben. Ein solches Thema lässt sich schwer in einer Geschichte erzählen: „Was man dafür braucht, sind verschiedene Perspektiven, die miteinander in Beziehung stehen. Weil das in einer linearen Erzählung nicht so gut geht, haben wir uns dazu entschieden, dieses Mapping-Format zu verwenden.“ In der Berichterstattung würden zudem viele Aspekte ausgeblendet oder nicht ausreichend im Zusammenhang diskutiert. „Und das ist etwas, das wir können, deshalb haben wir gesagt: Okay, das machen wir jetzt.“

Julia Köberlein, Erich Seifert und Bernhard Scholz – die Gründer der Kontextlab GmbH

Julia Köberlein, Erich Seifert und Bernhard Scholz – die Gründer der Kontextlab GmbH

„Die Anwendungsbereiche sind super divers – allen gemeinsam ist aber, dass immer ein großer Themenkomplex vermittelt werden will.“

Julia Köberlein
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Ins Wissen reinzoomen

Auf der Startseite der Corona-Krise-Map finden sich sechs Grundsatzfragen zum Thema, wie zum Beispiel „Warum ist das Virus so gefährlich“, „Welche Auswirkungen folgen für die Demokratie“ oder „Kann unsere Wirtschaft überleben“. Zoomen User*innen in eine dieser Fragen oder nutzen das Scrollrad, tauchen sie, ähnlich wie bei Google Maps, tiefer in den Kartenbereich ein. Auf der nächsten Ebene der Frage „Kann unsere Wirtschaft überleben“ erscheinen weitere Themen und Zusammenhänge, in Form von Punkten, die mit Linien wie bei einer Mindmap miteinander verbunden sind – wie der Punkt „Globale Wirtschaft“, über den man hintereinander zu den Themen „Innovation in der Krise“, „Technologie“, „Big Data“ und „KI“ kommt.

Entwickelt wurden diese digitalen Wissenslandkarten bereits vor der Corona-Krise: „In ganz vielen aktuellen politischen Themenbereichen ist es oft schwer, sich eine fundierte politische Meinung zu bilden, obwohl man sich vielfältig informieren kann“, erzählt Julia Köberlein. So müsse man immer sein innerer Redakteur sein, um die Informationen in einen Kontext zu bringen. Bernhard Scholz fügt hinzu: „Außerdem ging es uns bei der Vermittlung von Wissen von Anfang an nicht darum, die Komplexität eines Themas zu vereinfachen, sondern im Gegenteil genau diese Komplexität auch darzustellen. In diesem Fall stellt sich das Format als eine Art Inhaltsverzeichnis dar – die User*innen sähen die Zusammenhänge wie in einer Infografik, bevor sie weiter in verschiedene Wissensgebiete eintauchen.

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Corona Map von Kontextlab
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Die Rolle der Medien

„Da es nichts gab, was wir hätten adaptieren können, haben wir angefangen, einen Prototypen zu bauen“, erzählt Bernhard. Das ging in vielen Schleifen vonstatten, bis die erste Version auf einer Messe vorgestellt wurde, ein Bildungsanbieter direkt Interesse zeigte und so die erste userfreundliche Software entwickelt wurde. Mittlerweile kann dieses Tool auch lizensiert werden und wird in diversen Branchen und Kontexten eingesetzt; vom Bildungssektor, in dem Lernkarten für den Unterricht verwendet werden über Wissensmanagement in bestimmten Arbeitsbereichen der UN bis hin zur Forschung, in der Messdaten visuell dargestellt und publiziert werden. Dazu kommen Industrie und Wirtschaft, in- und externe Kommunikation in Unternehmen und Datenaufbereitung in der Medienlandschaft. „Die Anwendungsbereiche sind super divers – allen gemeinsam ist aber, dass immer ein großer Themenkomplex vermittelt werden will“, fasst Julia Köberlein zusammen.

Dass die Usability und Wissenvermittlung der Maps so intuitiv daherkommt, lässt sich vielleicht auch aus dem kreativen Entstehungsprozess jeder einzelnen Map ablesen: Nachdem ein Teammitglied eine Vorrecherche zu dem Thema gemacht hat, wird in einer Video-Redaktionsitzung über den Themenschwerpunkt diskutiert. Dieser Prozess wird live mitgetracked und die Struktur der Karte eigentlich gleich aufgezeichnet. In der Redaktion werden dann die einzelnen Themen und Aspekte aufgeteilt und das Netz hier und da noch ein wenig modifiziert. Expert*innen aus den jeweiligen Bereichen prüfen schließlich, ob alles inhaltlich fundiert ist. „Aber im Groben ist die Struktur tatsächlich im ersten Schritt schon ziemlich gut“, so Julia Köberlein. „Was wir glaube ich ganz gut können, ist auf Augenhöhe jeden ernst zu nehmen und miteinander zu arbeiten. Da kommen dann glaube ich die besten Sachen bei heraus“, ergänzt Bernhard die Teamstruktur. „Wir machen das sehr interaktiv und interdisziplinär – damit erzielen wir sehr gute Ergebnisse.“

Kopie von Die gute Idee_

Im Flow mit der Aktualität bleiben

Bislang wurden Themen wie Künstliche Intelligenz, Blockchain oder Digitale Selbstverteidigung, Migration in Deutschland, Digitalisierung in Afrika oder TTIP umgesetzt. Interessierte Leser*innen können einzelne Ausgaben kaufen, die, würde man sie als Fließtext veröffentlichen, den Umfang eines Fachbuchs hätten. Mit einem Abo bekommen Mitglieder Zugriff auf alle Ausgaben. Im Gegensatz dazu ist die Corona-Krise-Map kostenfrei nutzbar. Und unterscheidet sich auch sonst ein wenig von den vorherigen Dossiers. So wurden die anderen Themen um lange Hintergrundtexte, Interviews und Videos angereichert. Die Corona-Map beschränkt sich eher auf kurze beschreibende Texte. Schließlich habe es in diesem Falle zum Beispiel bereits genügend Interviewmaterial gegeben. Der Fokus hat sich dafür auf die sich ständig ändernde und aktualisierte Wissenslage verschoben. Deswegen wurde zusätzlich ein Blog installiert, der regelmäßig über die Aktualisierungen innerhalb der Map informiert und so einen noch größeren Überblick für die Leser*innen schafft. Die Map ist im Übrigen Creative-Commons-lizensiert und kann kostenfrei auf Websites eingebunden werden. Julia Köberlein fasst zusammen: „Wir wollten damit eigentlich einfach ein Angebot an die Welt geben, unsere Informationen zu teilen.“

Mehr Infos zu Kontextlab und zur Corona Map finden Sie hier.

Credits

Text: Kathrin Gemein

Fotos: Kontextlab

Anstehende Veranstaltungen

Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.

Credits

Text: Kathrin Gemein

Fotos: Kontextlab

Künstliche Intelligenz als Werkzeug von Kreativen

Die fortschreitende Digitalisierung verändert tiefgreifend, wie wir leben, arbeiten und auch politisch partizipieren. Eine der großen Herausforderungen unserer Zeit ist, sowohl die politische Teilhabe zu stärken als auch die Demokratie vor digitalen Bedrohungen zu schützen.

Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz wird beispielsweise kreative Teilhabe für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich, indem komplexe Werkzeuge und Techniken auch ohne tiefe Fachkenntnisse genutzt werden können. KI ermöglicht es Menschen aus verschiedenen Hintergründen, ihre kreativen Ideen zu verwirklichen und neue Formen der künstlerischen Zusammenarbeit zu erkunden. Das fördert die Vielfalt und Innovation in der kreativen Landschaft. Gleichzeitig stellt diese Entwicklung die traditionellen Vorstellungen von Urheberschaft und Originalität infrage, da KI-gestützte Kreativität zunehmend die Grenze zwischen menschlicher und maschineller Schöpfung verwischt.

Auch die Fragen, was Kreativität bedeutet und wo die Kernkompetenzen der Kreativschaffenden liegen, werden an Wichtigkeit gewinnen und ihre Antworten sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich bringen. KI ist auf dem heutigen Stand eher nicht „kreativ“ – aber sie verändert kreative Prozesse. Sie kann Kreativschaffende in ihrer Kreativleistung unterstützen, sie erweitern und als Inspirationsquelle dienen.

In unserer Kurzreportage sprechen wir mit den Künstlern Julian van Dieken und Roman Lipski über das Potenzial von KI als künstlerische Muse und Werkzeug, das neue Zugänge und Innovationsprozesse ermöglicht.