Bei dem „Artefakt“ handelt es sich um einen Schieber, also eine Absperrvorrichtung an Rohrleitungen, und ein Verteilerstück. Die Teile stammen aus einem ehemaligen Wasserwerk, das den heutigen Chemiepark Bitterfeld-Wolfen versorgt hat. Die Verfügbarkeit von Wasser aus der Mulde war neben der verkehrlich günstigen Lage und den Braunkohlevorkommen ein entscheidender Faktor bei der Ansiedlung der Industrie seit Ende des 19. Jahrhunderts.
Das Thema zieht sich bis heute wie ein roter Faden durch die Entwicklung und Gestaltung der Bitterfeld-Wolfens. Dabei hat in den letzten 100 Jahren weniger das Wasser die Landschaft geformt, sondern der Mensch mit Bagger und Pumpen. Flüsse wurden verlegt und der Grundwasserspiegel drastisch abgesenkt, um Kohlevorkommen z. B. in der Goitzsche erschließen zu können. An anderer Stelle wurde das Wasser dringend gebraucht: zum Kühlen in den Braunkohlekraftwerken und stofflich in der chemischen Industrie.
Die guten Standortbedingungen führten zu einer wirtschaftlichen Blüte. Viele Menschen kamen in die Region, um zu arbeiten, und die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Betriebe brachten Innovationen hervor, um die bis heute niemand herumkommt: Kunstfasern, PVC, der Farbfilm. Viele verbinden mit Bitterfeld-Wolfen aber auch verheerende Umweltverschmutzung, denn Abwasseraufbereitung, Sondermüllbehandlung und Recycling spielten damals noch keine Rolle.
Wer heute hier her kommt findet einen dynamischen Industriestandort ohne „stinkende Giftbrühe“, dafür mit direkter Anbindung an ein Naherholungsgebiet. Viele ehemalige Tagebaurestlöcher sind zu Seen mit bester Wasserqualität geworden, die Halden zu weitläufigen Wäldern. So nah wie hier liegen Kultur- und Naturlandschaften, Arbeits- und Freizeiträume an kaum einem anderen Ort zusammen. Wasser ist wieder zum Standortfaktor geworden, für Mensch und Industrie.
Der alte Schieber und das neue Verteilerstück sollen genau das widerspiegeln: Die (versuchte) Bändigung der Naturelemente, Industrie, die Verbindung von Alt und Neu und die Gestaltung unserer Landschaft, die wir wieder einmal selbst in der Hand haben. Dieses Mal haben wir uns für den Weg im Einklang mit der Umwelt entschieden – eine Erkenntnis die sicher auch aus den Erlebnissen bei den Hochwassern 2002 und 2013 rührt, als sich die Natur ihre Räume zurückgeholt hat und uns die Seenlandschaft hinterlassen hat, die wir heute so schätzen.