Wo immer Vertreter*innen der Branche zusammentreffen und über Förderinstrumente diskutieren, dominiert ein kritischer Unterton. So auch hier. Den Ruf nach vereinfachten, kürzeren und weniger bürokratischen Antragsverfahren bei den EU-Förderprogrammen dürfte Barbara Stacher, die als Fachreferentin bei der Generaldirektion Bildung und Kultur der EU-Kommission aus Brüssel zum Workshop angereist war, kaum überhört haben. „Wir haben einen Antrag bei Creative Europe gestellt“, berichtete ein Teilnehmer, „das waren 260 Seiten. Der ablehnende Bescheid kam nach einem dreiviertel Jahr. Warum muss es so viel Papier sein? Und warum dauert das so lange?“ Den zeitlichen und personellen Aufwand für einen derartigen Antragsmarathon, so ein anderer Kreativunternehmer, „können sich kleine Projekte überhaupt nicht leisten. Also bekommen wieder nur die Großen etwas.“
Allerdings entwickelten die Teilnehmer*innen auch etliche Ansätze für eine Reform der bisherigen Förderpraxis. „Die EU sollte mehr Mut haben, in radikalere Themen zu gehen“, hieß es. Zustimmendes Kopfnicken. Gemeint ist beispielsweise ein größerer Raum für ergebnisoffene Projekte ohne vorab definiertes Wunschergebnis, für experimentelle Innovation, die der bisherigen Förderlogik zuwiderläuft. Und ist es so abwegig, analog zu Kochrezepten (einfach, mittelschwer, knifflig) auch für die verschiedenen Förderprogramme eine Art Aufwandsindex zu entwickeln – damit ein Antragsteller auf den ersten Blick erkennt, was auf ihn zukommt? Schließlich ging es ins Grundsätzliche: Bessere Arbeitsbedingungen für die Akteur*innen der Branche müssen her – wer mochte da widersprechen? Doch was bedeutet das konkret? Ein bedingungsloses Grundeinkommen für Kreative? Neue Bewertungskriterien bei der Förderung, die den – sozialen oder ökologischen – Impact von Projekten berücksichtigen? Barbara Stacher machte sich viele Notizen, berichtete aber auch, dass eine Neujustierung der EU-Förderung bereits eingesetzt habe. So berücksichtige beispielsweise die Förderung von Digital Innovation Hubs künftig auch Vorhaben, „die in die kulturelle und kreative Richtung gehen“. Bislang war dieses Fördersegment eine Exklusivveranstaltung für Hardcore-Tekkies.