Auf YouTube, wo bekanntlich sehr, sehr viele Videoclips zu finden sind, gibt es eines, das Milton Diamond zeigt. Diamond ist Professor an der University of Hawaii School of Medicine und das kurze Video (es ist nicht mal zwei Minuten lang) ist ein familiärer Austausch zwischen Diamond und seiner Tochter Irene. Was genau ihr Vater denn mit dem Satz »Nature loves variety, but unfortunately society hates it« meine, fragt sie. Also dass die Natur den Variantenreichtum liebe, die Gesellschaft leider überhaupt nicht. »Ach, weißt du, wir sind alle unterschiedlich groß, wiegen mal mehr, mal weniger, wir haben verschiedene Frisuren und andere Augenfarben … das ist Natur.« So wie es keine zwei gleichen Bäume gibt und keine identischen Schneeflocken, so ist auch jeder Mensch anders, oder: einzigartig. Aktuell kennt die Welt rund 7,77 Milliarden Varianten des Lebens.
In vielen Bereichen, die unser Leben ausmachen – beispielsweise Kultur – ist dieser Variantenreichtum kaum bis nicht zu sehen. Die Ballettvorführung im Großen Haus? Es tanzen athletische weiße Menschen. Das Konzert im Kammermusiksaal? Auf der Bühne sitzen weiße Menschen in schwarzen Uniformen. Das bislang teuerste Gemälde der Welt, Salvator Mundi von Leonardo da Vinci, zeigt einen weißen Mann mit schulterlangen, braunen Haaren: den Erlöser der Welt, Jesus. »Wir sollten weg von dieser statischen Hochkultur: Nicht nur die Philharmonie oder ein großes Theater sind Kunst – Kultur kann überall stattfinden und sollte von jedem erlebt und umgesetzt werden können. Je diverser ein Kulturprojekt am Ende ist, desto interessanter ist es. Diversität auf allen Ebenen bereichert«, davon ist Lisette Reuter überzeugt – so sehr, dass sie 2015 Un-Label gründete.